Soziologische Modelle der Bildung: Von Durkheim zur Reproduktionstheorie

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Praxis Nr. 6: Industrielle Gesellschaft und die Rolle der Bildung

Die Analyse der sozialen Herkunft der allgemeinen Modelle des achtzehnten Jahrhunderts (Rousseau, 1762) bildet die Grundlage für die soziologische Betrachtung der Bildung.

Klassische soziologische Ansätze

  • Durkheim: Negative Erziehung. In „Bildung und Soziologie“ wird Bildung als eine Funktion der Gesellschaft analysiert.
  • Parsons: Das Klassenzimmer als ein soziales System (1959). Dies markiert die Geburtsstunde der Soziologie der Bildung.
  • Marx: „Kritik der materiellen Verhältnisse“.
  • Weber: Form der heritokratischen Dominanz.

Alle diese Autoren sind weiterhin Referenzpunkte für die soziologische Theorie. Heuristische Modelle verfügen über die konsolidierte Soziologie der Bildung als autonome Wissenschaft, getrennt von Psychologie und Pädagogik.

Entwicklungen und kritische Perspektiven

  • Dewey: „Sozialpädagogik“. Bildung als kritischer und aktiver sozialer Prozess in Beziehung zur Demokratie.
  • Lerena (1985): Kritische Soziologie der Bildung. Es bestand eine Diskrepanz zwischen der erkenntnistheoretischen Entwicklung der Soziologie und der Soziologie der Bildung.
  • Fernández Enguita: Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten industrialisierte kapitalistische Länder ihre Systeme überarbeiten. Die Schule dient funktional den kapitalistischen Interessen.

Meritokratie und Humankapitaltheorie

Theoretische Grundlagen der Meritokratie

Scheleski und Parsons sehen im sozialen Dienstvertrag die theoretischen Grundlagen der Bildung, die folgende Funktionen erfüllen soll:

  • Sozialisation, Normen und Werte.
  • Eine gerechte Verteilung der Bildungschancen.

Parsons: Analyse der Schule und der Gesellschaft, wobei das Klassenzimmer als ein soziales Subsystem betrachtet wird, das zur sozialen Ordnung beiträgt („Die Klasse als ein soziales System“).

Dreeben: Das Lernen im Klassenzimmer vermittelt Schlüsselanforderungen an Unabhängigkeit, Leistung, Allgemeinheit und Spezifität, die in der Schule wichtig sind.

Funktionalismus und Humankapital

Die technisch-wirtschaftliche Funktionalismus- und Humankapitaltheorie (W. Schultz, 1960) verteidigt die technologische und wirtschaftliche Rolle der Bildung und die effiziente Nutzung von Ressourcen. Dies führte zu einer Diskussion über die Gleichbehandlung.

Bildung wird als Ausdruck eines Nachfrageschubs gesehen, der den Reichtum eines Landes erklärt, da ein verallgemeinertes Interesse an Investitionen in Bildung besteht.

Im Modell der leistungsorientierten Gesellschaft weckt dies Interesse an Chancengleichheit, Instrumentalität und Orientierung für die neue Rolle der Bildung als Auswahl von Talenten und zur Neutralisierung von Armut und sozialer Ungleichheit. Bildung muss zwei grundlegende Funktionen erfüllen:

  1. Auswahl (Selektion).
  2. Chancengleichheit.

Kritik am Funktionalismus

Coleman-Bericht: Die Auswirkungen auf die Bildungspolitik und das Konzept der Chancengleichheit/Meritokratie bedeuten den Anfang vom Ende der positivistischen Soziologie der Bildung.

Widersprüche der Bildung in der Industriegesellschaft: Die kritische Soziologie betrachtet Bildung und sozialen Wandel aus der Perspektive, dass multiple Arbeitsplätze die Chancengleichheit fördern. Die Arbeit von Blau, Duncan, Coleman etc. verdeutlicht die gesellschaftspolitische Relevanz.

Dahrendorf: Kritische funktionale Interpretation der Bildungsregelung (neutrale Selektion). In einer späteren Arbeit bezeichnet er die Gesellschaft als bürokratische Leistungsgesellschaft, in der folgende Faktoren oft vergessen werden:

  • Ungleiches Bildungsangebot zwischen Stadt und Land.
  • Die fehlende Flexibilität des traditionellen Bildungssystems.
  • Die Sozialisierungsfunktion der Familie.

Dahrendorf untersuchte in seiner Studie „Kausale Modelle der Sozialisation und beruflichen Mobilität“ die Abhängigkeit von der sozialen Schicht.

Theorien der Reproduktion

Kulturelle Reproduktion (Bourdieu und Passeron)

Bourdieu und Passeron führen die kulturelle Dimension als Mechanismus zur Reproduktion ungleicher Bildungschancen in Abhängigkeit von der sozialen Schicht ein. Untersuchungen zur steigenden Arbeitslosigkeit und Überqualifikation in den Vereinigten Staaten brachten die Prämissen der Leistungsorientierung und der Humankapitaltheorie ins Wanken.

Aus makrosoziologischer Sicht trägt Bildung zur Reproduktion der Klassenposition und somit zu sozialen Ungleichheiten bei.

Theorie der kulturellen Reproduktion: Diese Autoren analysieren das französische Bildungssystem und zeigen, dass kulturelle Faktoren die Bildungschancen in Abhängigkeit von der sozialen Klasse beeinflussen. Ungleiches kulturelles Kapital ermöglicht differenzielles soziales und wirtschaftliches Kapital und trägt zur kulturellen und sozialen Reproduktion bei.

Das Werk „Studenten und Kultur“ beleuchtet den ungleichen Ausgangsstatus der Studenten aufgrund ihrer sozialen Herkunft. Ziel ist es, die unterschiedlichen kulturellen Beschränkungen darzustellen, die sich auf den Schulerfolg oder Misserfolg auswirken.

Das Werk „Die Reproduktion“ führt zwei Konzepte ein:

  1. Kulturelle Willkür.
  2. Symbolische Gewalt.

Diese Arbeiten zeigen, dass die Schulkultur nicht neutral ist und dass Willkür und symbolische Gewalt relevante Beziehungen zur Klassenherrschaft und Ungleichheit aufweisen. Bourdieu und Passeron betonen, dass die Hindernisse für Studenten der unteren Klassen eher kultureller als rein wirtschaftlicher Natur sind.

Ideologische Reproduktion (Althusser)

Althusser sieht die Schule als einen Ideologischen Staatsapparat (ISA). Die moderne Schule trägt zur Reproduktion sozialer Ungleichheiten im kapitalistischen Modell bei. Althusser entwickelt eine Herrschaftstheorie, in der Schule und Bildungssystem die herrschende Ideologie fördern, um Macht- und Klassenbeziehungen zu reproduzieren.

Ökonomische Reproduktion und Netzwerktheorie (Baudelot und Establet)

Baudelot und Establet erklären in „Die kapitalistische Schule in Frankreich“, wie die Schule eine soziale Differenzierung schafft, die der gesellschaftlichen Arbeitsteilung entspricht. Sie formulieren eine Reproduktionstheorie durch selektive Schulnetzwerke. Die bürgerliche Ideologie wird durch Lehrer reproduziert, die Schüler in zwei Arten von Netzwerken filtern:

  1. Primäres und professionelles Netzwerk (PP): Kurz, führt zu sekundären Berufen.
  2. Höheres Sekundärnetzwerk (SS): Führt zu kulturellen und wirtschaftlichen Eliten und angesehensten Berufen.

Die These dieser Netzwerke ist, dass sie einzigartig für bestimmte soziale Klassen sind. Das Ziel von Baudelot und Establet ist die Objektivierung der zwei Arten von Kultur, die die Schule anbietet (was Althusser als „praktische und rituelle“ Funktion des ISA bezeichnet). Ihr späteres Werk „Die pädagogischen Aufstiege“ enthält eine Kritik an der bürgerlichen Position.

Theorie der ökonomischen Korrespondenz (Bowles und Gintis)

In „Schooling in Capitalist America“ wird eine stärkere Kohärenz der Reproduktionstheorie dargestellt.

Carnoy und Lewin: Doppelte Rolle der Schule:

  1. Sozialisierung in bestimmte soziale Codes.
  2. Internalisierung demokratischer und liberaler kultureller Werte.

Die Schule besitzt Kapazitäten für sozialen Wandel, begünstigt aber gleichzeitig die Rechte anderer Personen sowie das kapitalistische System und Eigentum.

Credentials-Theorie (Collins)

Die Ausweitung der Bildung reagiert nicht auf Veränderungen in der Produktionsstruktur. Die Nachfrage nach Bildung wird durch das Wachstum der Bürokratie (Unternehmensreferenzen/Zertifikate) bestimmt. Bildung trägt dazu bei, zwischen sozialen Gruppen zu unterscheiden. Die Schule hat zwei Funktionen:

  1. Vorbereitung auf die Bürokratie.
  2. Vermittlung neuer Lebensformen und kultureller Stile.

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