Spaniens Verfassung: Rechtsstaat und Institutionen

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Grundlagen des spanischen Staates

Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung

Das Konzept der Rechtsstaatlichkeit entstand mit der Französischen Revolution als neues Staatskonzept, basierend auf der Herrschaft des Gesetzes und der Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative (wie von Montesquieu in seinem Werk Vom Geist der Gesetze beschrieben, welches die Achtung vor Gesetzen betont). Diese neue Staatskonzeption, die auf bestehenden Rechtsregeln basiert, wird als Rechtsstaat bezeichnet.

Demokratischer und sozialer Staat

Der Sozialstaat ergänzt dies: Der Staat soll nicht nur individuelle und kollektive Rechte und Freiheiten respektieren und stärken, sondern auch Mittel bereitstellen, damit Bürger in Würde leben können, soziales Wohlergehen gewährleistet und eine gerechtere Gesellschaft erreicht wird. Der Begriff demokratischer Staat bekräftigt, dass das Gesetz die Rechte und Freiheiten des Einzelnen gewährleisten muss, insbesondere durch das freie, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht.

Gewalten

  • Legislative: Gesetzgebung (Cortes Generales, das Parlament)
  • Exekutive: Regierung (Regierungspräsident und Minister)
  • Judikative: Rechtsprechung (Richter und Staatsanwälte)

Die spanische Verfassung von 1978

Die spanische Verfassung von 1978 (oberstes Gesetz) wurde am 6. Dezember per Referendum angenommen. Sie hat Vorrang vor allen anderen Gesetzen und bindet alle Bürger und Gewalten.

Struktur der Verfassung

Die spanische Verfassung ist strukturiert in:

  • eine Präambel
  • 10 Titel
  • 4 Zusatzbestimmungen
  • 9 Übergangsbestimmungen
  • eine Aufhebungsbestimmung
  • eine Schlussbestimmung

Grundprinzipien (Titel Preliminar)

Der Titel Preliminar (Artikel 1-9) enthält die wichtigsten Grundsätze des Staates:

  • Spanien ist ein sozialer und demokratischer Rechtsstaat.
  • Die nationale Souveränität liegt im spanischen Volk.
  • Die Verfassung basiert auf der unauflöslichen Einheit der spanischen Nation.
  • Die politische Form des spanischen Staates ist die parlamentarische Monarchie.
  • Kastilisch ist die offizielle Sprache des Staates.
  • Die Hauptstadt des Staates ist Madrid.
  • Bürger und öffentliche Gewalten sind an die Verfassung und die übrige Rechtsordnung gebunden (Achtung der Verfassung).

Grundrechte und Grundpflichten

  • Persönliche Rechte: Recht auf Leben, Freiheit (religiöse, ideologische, Meinungsfreiheit, Bewegungsfreiheit), Recht auf Bildung, Schutz der Privatsphäre, Unverletzlichkeit der Wohnung.
  • Politische und soziale Rechte: Versammlungsrecht, Vereinigungsrecht, Recht auf Organisation (Parteien, Gewerkschaften), Streikrecht, Petitionsrecht.
  • Rechte und Pflichten der Bürger: Pflicht zur Verteidigung Spaniens (Wehrdienst/Kriegsdienstverweigerung), Pflicht zur Tragung der öffentlichen Ausgaben, Recht und Pflicht zur Arbeit, Recht auf Privateigentum, Recht auf Eheschließung, Recht auf Tarifverhandlungen, Pressefreiheit.

Der Bürgerbeauftragte (Defensor del Pueblo)

Der Bürgerbeauftragte ist eine Institution zum Schutz der Grundrechte der Bürger. Seine Einrichtung wird durch ein Organgesetz geregelt.

Staatsform: Parlamentarische Monarchie

Rolle des Königs

Parlamentarische Monarchie bedeutet, dass das Staatsoberhaupt ein erblicher Monarch auf Lebenszeit (König) ist. Er repräsentiert den Staat, regiert aber nicht, da er keine exekutive Gewalt besitzt. Die Person des Königs ist unverletzlich und nicht verantwortlich; seine Handlungen müssen von Regierungsmitgliedern (z. B. dem Regierungspräsidenten oder Ministern) gegengezeichnet werden.

Thronfolge

  • Es gilt der Vorrang des Mannes vor der Frau innerhalb derselben Linie.
  • Innerhalb desselben Geschlechts gilt das Prinzip des höheren Alters.
  • Die direkten Nachkommen (Kinder, Enkel) des Thronfolgers haben Vorrang vor anderen Linien des Königs.

Die Cortes Generales (Parlament)

Zusammensetzung und Aufgaben

Die Cortes Generales (das Parlament) üben die legislative Gewalt aus. Sie repräsentieren das spanische Volk und bestehen aus einem Zweikammersystem: dem Abgeordnetenhaus (*Congreso de los Diputados*) und dem Senat (*Senado*). Ihre Hauptaufgaben sind:

  • Gesetzgebung
  • Verabschiedung des Staatshaushalts
  • Kontrolle der Regierung

Die Cortes Generales sind unverletzlich. Ihre Mitglieder genießen Immunität: Sie können außer bei Ergreifung auf frischer Tat (*in flagrante delicto*) nicht wegen Straftaten verhaftet oder strafrechtlich verfolgt werden (nur mit Genehmigung der jeweiligen Kammer).

Abgeordnetenhaus (Congreso de los Diputados)

Das Abgeordnetenhaus besteht aus mindestens 300 und höchstens 400 Abgeordneten (derzeit 350). Sie werden alle 4 Jahre durch allgemeines, freies, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht gewählt. Der Wahlkreis ist die Provinz.

Senat (Senado)

Der Senat ist die Kammer der territorialen Repräsentation. Er teilt die legislative Funktion mit dem Abgeordnetenhaus und kann Gesetzesänderungen vorschlagen oder Veto gegen Gesetze einlegen. Die Wahl erfolgt alle 4 Jahre. Die Zusammensetzung ist wie folgt (basierend auf direkt gewählten Senatoren laut Ausgangstext):

  • Gewählt durch allgemeines Wahlrecht:
    • Vier Senatoren pro Provinz.
    • Drei Senatoren pro großer Insel (Gran Canaria, Mallorca, Teneriffa).
    • Zwei Senatoren pro autonomer Stadt (Ceuta und Melilla).
    • Ein Senator pro folgender Insel/Inselgruppe: Ibiza-Formentera, Menorca, Fuerteventura, La Gomera, El Hierro, Lanzarote, La Palma.
  • (Zusätzlich werden Senatoren von den Parlamenten der Autonomen Gemeinschaften ernannt - 1 pro Gemeinschaft + 1 pro Million Einwohner ihrer jeweiligen Territorien).

Weitere Verfassungsorgane

Die Verfassung sieht weitere wichtige politische und soziale Organe vor:

  • Das Verfassungsgericht
  • Der Rechnungshof (kontrolliert die wirtschaftliche und finanzielle Gebarung des Staates)
  • Der Bürgerbeauftragte (Defensor del Pueblo)

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