Spanische Literatur & Gesellschaft im 19. Jh.
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Spanische Gesellschaft (1830-1875)
In Spanien führten die während des Unabhängigkeitskrieges gegen die napoleonische Invasion entstandenen sozialen Transformationen zum Verschwinden des alten Regimes. Infolge dieser Veränderung wurden die Privilegien des Adels und der Geistlichkeit abgeschafft. Der Status einer Person wurde nicht mehr durch Geburt, sondern durch Reichtum bestimmt. Es entstand eine tiefe soziale Spaltung zwischen zwei Kräften:
- Die Konservativen: Gehörten Adel, Geistlichkeit und besitzenden Klassen an; versuchten, die Strukturen des alten Regimes aufrechtzuerhalten.
- Die Liberalen: Gehörten der Bourgeoisie an; strebten nach politischer Macht und Wirtschaftsverwaltung.
Spanische Romantik (1830-1855)
Die Romantik ist Ausdruck der kulturellen Ideale des Bürgertums, das um politische, soziale und kulturelle Macht kämpfte. Dabei konfrontierte die Bourgeoisie sowohl die Kräfte des Ancien Régime als auch die Ideale der Arbeiterklasse.
Merkmale der Romantik
- Individualismus: Ausdruck der Originalität des Künstlers, oft rebellisch und nonkonformistisch.
- Subjektivismus: Priorität auf persönliche Überzeugungen und Ansichten.
- Sentimentalität: Freier Ausdruck von Gefühlen, auch im Zusammenhang mit Auflehnung.
- Idealismus und Pessimismus: Träumen von einer besseren Welt, aber gequält von der Unfähigkeit, sie zu erreichen.
- Künstlerische Freiheit: Das Kunstwerk ist Produkt der Inspiration, frei von überlieferten Regeln.
Prosa im 19. Jahrhundert
Im neunzehnten Jahrhundert ermöglichte die Druckerpresse die Veröffentlichung vieler günstiger Exemplare, wodurch die romantische Literatur eine große Leserschaft erreichte. Die romantische Kultur verbreitete sich in allen Gesellschaftsschichten. Zeitungen spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Literatur, insbesondere von Romanen und Kurzgeschichten. Spanische Schriftsteller kultivierten narrative Untergattungen wie den historischen Roman oder die Liebesgeschichte, obwohl keine davon eine überragende Bedeutung erlangte.
Mariano José de Larra (Prosaschriftsteller)
Er war ein wichtiger spanischer Prosaschriftsteller der Romantik. Sein Werk bestand fast ausschließlich aus literarischem Journalismus. Er zeigte sich als eigenwilliger und kritischer Beobachter der Gesellschaft seiner Zeit, die er als ungebildet, apathisch und ohne Innovationsgeist empfand. Als Journalist zeichnete er sich durch seine Artikel über Literaturkritik, politische Chroniken und Bräuche aus. Letztere, die sogenannten Artículos de Costumbres, sind der beständigste Teil seines Werkes. Sie zeigen einen kritischen, bitteren und spöttischen Blick auf das spanische Leben.
Lyrik im 19. Jahrhundert
Merkmale der Lyrik
- Themen: Einsamkeit, Scheitern in der Liebe, Angst des Individuums; oft basierend auf mittelalterlichen Themen; Ausdruck von Hoffnungslosigkeit und Empörung.
- Metrik: Künstlerische Freiheit und Originalität, Erfindung neuer Verse.
- Poetische Sprache: Verwendung von Bildern der Nacht, Friedhöfen, Ruinen.
Joseph Espronceda (Lyrik)
Sein Leben war leidenschaftlich und idealistisch geprägt, mit Erfolgen in England und Frankreich. Seine berühmtesten Gedichte widmete er marginalisierten und verdammten Charakteren (inspiriert von Bettlern, Henkern), wie zum Beispiel das 'Lied des Piraten'. Sein Hauptwerk ist Der Student von Salamanca, ein langes erzählendes Gedicht. Dieses Werk erzählt die Geschichte von Don Félix de Montemar, einem skrupellosen Verführer, der Donna Elvira verführt und dann verlässt. Sie stirbt aus Liebe. Don Félix tötet ihren Bruder. Eines Nachts, nachdem er auf der Straße seinem eigenen Begräbnis begegnet, kommt es zu einer makabren Szene, in der er mit dem Skelett von Doña Elvira tanzt.
Spätromantik (1855-1875)
In den früheren Jahren war die spanische Romantik oft rhetorisch überladen. Viele spanische Autoren imitierten ausländische Schriftsteller und übertrieben deren künstlerische Lektionen. Die literarische Sprache wird einfacher, aber intensiver. Der Ausdruck der inneren poetischen Welt erfolgt durch Bilder, die das Drama des Menschen im Angesicht der Mysterien von Liebe, Enttäuschung, Einsamkeit, Tod und seiner Mission hervorrufen.
Spanische Gesellschaft (1868-1898)
Dieser Zeitraum umfasst zwei wichtige Phasen:
- Das Demokratische Sexenio (1868-1874): Begann mit der 'Glorreichen Revolution', die die konservativen Regierungen und die Herrschaft von Isabella II. beendete. Es war eine politisch sehr angespannte Zeit, in der das Bürgertum eine einflussreiche Position erreichte.
- Die Monarchische Restauration (1875-1898): Im Jahr 1875 installierte der konservative Politiker Cánovas del Castillo die Bourbonen wieder und gestaltete ein politisches System, das den Anschein einer parlamentarischen Monarchie erweckte, aber die politischen und wirtschaftlichen Privilegien der Oberschicht gegenüber den schwächeren und mittleren Klassen schützte. Sie dauerte bis 1898.
Spanischer Realismus
Merkmale des Spanischen Realismus
- Beobachtung der Wirklichkeit: Priorität der rationalen Analyse der Wirklichkeit. Der Roman als Spiegel der Gesellschaft, der ihre Elemente abbildet.
- Wahrscheinlichkeit: Das Werk ähnelt der realen Welt, mit detaillierter Beschreibung von Räumen und Figuren; erzählt alltägliche Ereignisse der Gegenwart.
- Neigung zur Objektivität: Der Schriftsteller hat eine kritische Absicht, kann aber persönliche Ansichten nicht ganz vermeiden.
- Charaktere: Tiefe psychologische Charakterisierung; Kampf um Liebe und Glück in einer materialistischen Welt.
- Stil: Einfach, vermeidet Rhetorik, nähert sich der Umgangssprache an.
Benito Pérez Galdós
Sein umfangreiches Werk durchlief drei Phasen:
- Phase 1 (Demokratisches Sexenio): Romane als Instrument des Liberalismus. Protagonisten mit bürgerlichen Tugenden, oft Opfer konservativer Kräfte. Beispiel: Doña Perfecta.
- Phase 2 (ab 1880, 'zeitgenössische Romane'): Fokus auf die intime Welt der Menschen und die moderne Gesellschaft. Bekannte Werke: Fortunata y Jacinta. Einfache Haupthandlung mit vielen Nebenhandlungen.
- Phase 3: Interesse an Charakteren geistiger Natur, geprägt von Großzügigkeit im Gegensatz zur materialistischen Umwelt. Beispiel: Misericordia. Zeigt spirituelle Dimension in einer von Ehrgeiz geprägten Welt.
Theater im 19. Jahrhundert
Merkmale
- Themen: Stoffe basierend auf Legenden und historischen Dramen; leidenschaftliche Liebe vor tragischem Schicksal.
- Charaktere: Gehören höheren sozialen Schichten an, sind Rebellen, erhaben, geheimnisvoll und oft tragisch.
- Form: Sehr innovativ, Mischung aus Vers und Prosa, Hoch- und Umgangssprache, Komischem und Tragischem.
- Schauplätze: Oft düster und erstaunlich, z. B. Klöster, Friedhöfe, trostlose Orte.
José Zorrilla
Sein Theater war inspiriert von historischen Stoffen und Legenden. Sein populärstes Werk ist Don Juan Tenorio. Don Juan, ein skrupelloser Wüstling, tötet Don Gonzalo, den Vater von Doña Inés, einem jungen Engel, den er verführt hat. In einer makabren Szene, in der Statuen lebendig werden, verkündet Doña Inés ihr endgültiges Urteil und fordert Reue. Don Juan stirbt, verurteilt durch seinen Stolz.