Spanische Literatur: Mittelalter bis Barock – Überblick

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Mittelalter

Zeit zwischen dem Untergang des Römischen Reiches und der Renaissance.

Gesellschaft und Wirtschaft

  • Feudalsystem: Adel (privilegiert, Verteidigung des Volkes), Klerus (privilegiert, Predigt der Religion), Bauern (benachteiligt).

Religion

  • Geozentrismus: Gott als Zentrum des Universums.

Kultur und Literatur

  • Nur Kleriker waren gebildet.
  • Literatur in Latein, Arabisch und Hebräisch.
  • Entstehung der Literatur in romanischen Sprachen.
  • Volk: Lyrische Lieder.
  • Adel: Epen.

Mittelalterliche Lyrik

Traditionelle Lyrik

  • Jarcha (11. Jh.): In mozarabischer Sprache (eingebettet in arabische oder hebräische Muwassahas), Liebesthema aus weiblicher Sicht.
  • Cantigas de Amigo (13./14. Jh.): In Galicisch-Portugiesisch, Liebesthema, Naturelemente, Parallelismus.
  • Villancicos: Kastilische Lieder, ähnlich den Jarchas.
  • Romanzen (ab 14. Jh.): Grenzlerthematik (später auch andere Themen).

Gelehrte Lyrik

  • Muwassahas: Arabisch oder Hebräisch, 5 bis 7 Verse, oft mit einer Jarcha als Schlussstrophe, Liebesthema.
  • Cantigas de Amor (13./14. Jh.): Galicisch-Portugiesisch, Liebesthema aus männlicher Sicht, oft politisch und sozial.
  • Troubadourdichtung (ab 12. Jh.): Provenzalisch, höfische Liebeslyrik.
  • Cancionero-Dichtung (15. Jh.): Kastilisch, höfische Liebe, gesammelt in Liederbüchern (Cancioneros).

Große Autoren des Mittelalters

Ausias March (15. Jh.)

Schrieb auf Katalanisch, drückte persönliche Gefühle aus, lehnte traditionelle poetische Themen ab.

Marqués de Santillana (15. Jh.)

Interessierte sich für Literatur und Kultur in klassischen und romanischen Sprachen. Bekanntestes Werk: Serranillas (schildert die Begegnung eines Ritters mit einer Schäferin).

Juan de Mena (15. Jh.)

Geprägt von lateinischer Kultur, allegorische Poesie. Bekanntestes Werk: Labyrinth des Glücks (politisch, 12-zeilige Strophen).

Jorge Manrique (15. Jh.)

Verkörperte das Adelsideal, schrieb Cancionero-Gedichte. Bekanntestes Werk: Strophen auf den Tod seines Vaters (Themen: Vergänglichkeit des Lebens, Verachtung irdischer Güter, Ruhm, Tod; 40 Strophen, spezielle Metrik: 8a 8b 4c 8a 8b 4c).

Mittelalterliche Narrative: Epen

Das Epos besingt mittelalterliche Ritter.

Merkmale

  • Gedichte, von Sängern (Juglares) vorgetragen.
  • Ihr Handwerk heißt Mester de Juglaría.
  • Metrik: Unregelmäßige Verse, Assonanzreim in Laissen (Tiraden).
  • Stilmittel: Epische Beinamen (Epitheta), Anrufung der Zuhörer, direkte Rede.
  • Stil: Lebendige Darstellung durch Stimmen der Charaktere.
  • Realismus: Glaubhaftigkeit durch Bezug auf reale Orte und Ereignisse.

Cantar de Mio Cid

  • Erzählt die Heldentaten von Rodrigo Díaz de Vivar (El Cid).
  • Anonymes Werk.
  • Fiktionalisierte Rekonstruktion seines Lebens.

Die drei Gesänge

  • Gesang des Exils: El Cid verlässt Kastilien, kämpft gegen Mauren und erobert Gebiete.
  • Gesang der Hochzeiten: El Cid erobert Valencia, sendet Geschenke an den König und verheiratet seine Töchter mit den Infanten von Carrión.
  • Gesang der Schmach von Corpes: Im Eichenwald von Corpes misshandeln die Infanten ihre Frauen. El Cid fordert sie heraus, besiegt sie und verheiratet seine Töchter erneut mit höhergestellten Adligen.

Romancero Viejo

Sammlung anonymer mittelalterlicher Romanzen, die mündlich überliefert wurden (oft aus Epen entstanden).

  • Romanzen: Achtsilbige Verse, Assonanzreim in den geraden Zeilen, oft mit Figuren aus Epen.
  • Historische Romanzen: Erzählen von historischen Fakten oder Persönlichkeiten (z.B. maurische Romanzen, Episoden der Reconquista), direkter Stil.
  • Novellistische Romanzen: Geschichten von imaginären Figuren, Liebesthema, reale und imaginäre Ereignisse.

Lehrende mittelalterliche Narrative

Mester de Clerecía

Merkmale

  • Werke von Klerikern im 13. und 14. Jahrhundert.
  • Inhalt: Religiös und ethisch.
  • Zweck: Lehre (didaktisch).
  • Metrik: Strophenform „Cuaderna Vía“ (vier Alexandrinerverse mit gleichem Konsonantenreim).
  • Übertragung: Ursprünglich schriftlich, aber auch mündlich verbreitet.

Große Autoren

  • Gonzalo de Berceo (13. Jh.): Bekanntestes Werk: Wunder Unserer Lieben Frau (besteht aus einer Einleitung und 25 Wundererzählungen).
  • Erzpriester von Hita (Juan Ruiz, 14. Jh.): Bekanntestes Werk: Buch der guten Liebe (autobiografisch anmutende Erzählung mit Reflexionen über die Gefahren der irdischen Liebe im Gegensatz zur Güte der göttlichen Liebe).

Kastilische Prosa

Autoren und Werke

  • Alfonso X. el Sabio (13. Jh.): Machte Kastilisch zur Verwaltungs- und Kultursprache. Förderte Übersetzungen orientalischer Märchen wie Kalila und Dimna und Sendebar. Werke: juristische, wissenschaftliche, historische und unterhaltende Schriften.
  • Don Juan Manuel (14. Jh.): Bekanntestes Werk: Conde Lucanor (Rahmenerzählung mit 51 Beispielgeschichten).

Spätmittelalter (15. Jahrhundert)

Merkmale

  • Gesellschaft und Wirtschaft: Aufstieg des Bürgertums. Interesse am Diesseits und materiellen Werten.
  • Politik: Der König gewinnt an Autorität zurück, Entstehung von Ständeversammlungen.
  • Kultur: Gründung von Universitäten. Neue Mentalität (Prähumanismus).

La Celestina

Fernando de Rojas

Tragikomödie, gilt als Übergangswerk zur Renaissance.

Handlungsschema

  • Verliebtheit Calistos: Calisto verliebt sich in Melibea.
  • Appell an die Kupplerin: Nach Melibeas Zurückweisung rät Calistos Diener ihm, die Kupplerin Celestina aufzusuchen. Sie akzeptiert gegen Bezahlung.
  • Verliebtheit Melibeas: Celestina verschafft sich Zugang zu Melibeas Haus und überredet sie schließlich (auch mit magischen Mitteln), Calisto zu treffen.
  • Tragische Folgen: Celestina plant ein Treffen, erhält eine Belohnung, weigert sich aber, diese mit Calistos Dienern zu teilen, die sie daraufhin töten. Als Calisto Melibea nachts besucht, hört er Lärm auf der Straße, stürzt beim Versuch, über die Mauer zu klettern, und stirbt. Melibea begeht Selbstmord.

Renaissance (16. Jahrhundert)

Historische Epoche, die in Spanien im 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte.

Merkmale

  • Humanismus: Basiert auf dem Studium der klassischen Antike und der Wertschätzung des Menschen.
  • Werte: Anthropozentrismus (der Mensch im Mittelpunkt des Universums).
  • Kultur: Ideal des gebildeten Höflings, Mäzenatentum.

Lyrische Renaissance

Petrarkistische Dichtung

Erneuerung der Themen (Liebe, Natur, Mythologie) und metrischen Formen (Sonett, Kanzone, Terzine) nach italienischem Vorbild (Petrarca).

Garcilaso de la Vega

Führte die italienischen Formen in Spanien ein.

  • Thema: Liebesklage, idealisierte Natur.
  • Werke: Sonette, Eklogen, Kanzonen.

Asketik und Mystik (2. Hälfte 16. Jh.)

Religiöse Strömungen als Reaktion auf die Reformation.

Fray Luis de León

Asketischer Dichter, bekannt für seine Oden, die nach Harmonie und spirituellem Frieden streben.

San Juan de la Cruz

Mystischer Dichter, beschreibt die Vereinigung der Seele mit Gott in Werken wie Geistlicher Gesang und Lebendige Liebesflamme, oft unter dem Bild der menschlichen Liebe.

Narrative der Renaissance

  • Ritterroman: Z.B. Amadís de Gaula (obwohl älter, sehr populär in der Renaissance).
  • Schäferroman: Z.B. Die Diana von Jorge de Montemayor.

Schelmenroman: Lazarillo de Tormes (1554)

  • Form: Autobiografische Ich-Erzählung.
  • Handlung: Vorwort, Herkunft und Dienst bei verschiedenen Herren, aktuelle Situation und „Fall“ (moralischer Abstieg).
  • Merkmale: Protagonist ist ein Antiheld (Schelm, „Pícaro“) aus einfachen Verhältnissen; Entwicklung des Charakters durch Erfahrungen; Realismus in der Darstellung der Gesellschaft.
  • Thema: Kritische Darstellung der Gesellschaft und ihrer Heuchelei (insbesondere Klerus und Adel).
  • Maurischer Roman: Z.B. Geschichte des Abencerraje und der schönen Jarifa.
  • Byzantinischer Roman: Abenteuerliche Liebes- und Reiseerzählungen, z.B. Die Leiden des Persiles und der Sigismunda von Cervantes.

Miguel de Cervantes

Narrative Werke

  • Schäferroman: La Galatea.
  • Novellen: Exemplarische Novellen.
  • Ritterroman-Parodie: Don Quijote.
  • Byzantinischer Roman: Die Leiden des Persiles und Sigismunda.

Don Quijote

  • Charaktere: Don Quijote (Idealist) und Sancho Pansa (Realist).
  • Themen: Abenteuer, Freundschaft, Reflexion über Idealismus vs. Realität, Literaturkritik.
  • Stilmittel: Spiel mit Erzählperspektiven (angeblicher Übersetzer Cide Hamete Benengeli), Dialog, Humor, Ironie.

Barock (17. Jahrhundert)

Kulturelle Bewegung vor dem Hintergrund des politischen und wirtschaftlichen Niedergangs Spaniens.

Merkmale

  • Politik und Wirtschaft: Krise und Niedergang.
  • Gesellschaft: Polarisierung zwischen Adel und verarmtem Volk.
  • Ideologie: Pessimismus, Desillusionierung (Desengaño), Vergänglichkeit (Vanitas).
  • Kultur und Literatur: Künstlerische Blüte („Siglo de Oro“), Komplexität, Kontrast, Ornamentik.

Barock-Theater

Die Neue Komödie (Comedia Nueva)

Von Lope de Vega geschaffene, sehr erfolgreiche Theaterform, aufgeführt in öffentlichen Theaterhöfen (Corrales de Comedias).

Merkmale

  • Drei Akte (statt fünf).
  • Mischung von tragischen und komischen Elementen.
  • Verschiedene Versmaße je nach Situation.
  • Themen: Liebe, Ehre (zentral!), Religion, Geschichte.
  • Figurentypen: Galán (junger Liebhaber), Dama (Dame), Padre/Hermano (Vater/Bruder als Ehrenwächter), Gracioso (lustige Figur, Diener), Poderoso (Mächtiger), Rey (König als oberste Instanz).

Große Autoren

  • Lope de Vega: Ziel: dem Publikum gefallen („deleitar aprovechando“). Argumente aus diversen Quellen. Dominanz der Handlung. Vielzahl von Figuren. Lebendiger Dialog, Rhythmus und Ausdruckskraft. Bekanntestes Werk: Fuente Ovejuna.
  • Calderón de la Barca: Sein Theater ist philosophischer, ideologischer. Abstraktere Themen. Symbolische, oft introvertierte Charaktere. Sprachliche Dichte. Bekanntestes Werk: Das Leben ist ein Traum.

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