Spanische Nachkriegspoesie: Verschanzt, Entwurzelt, Sozial
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Verschanzte Poesie (Poesía Arraigada)
Im Zentrum dieser Strömung finden wir eine Gruppe von Dichtern, die sich selbst als „kreative Jugend“ bezeichneten und sich um die Zeitschrift Garcilaso gruppierten. Daher sind sie auch als die „Garcilasistas“ bekannt.
Sie strebten nach Klarheit, Perfektion und Ordnung in reiner klassischer Form. Sie vermitteln ein kohärentes, geordnetes und ruhiges Weltbild, wobei selbst Traurigkeit mit Gelassenheit und Klarheit ausgedrückt wird. Eines der dominierenden Themen ist ein starkes religiöses Gefühl, zusammen mit traditionellen Motiven wie Liebe, Landschaft und der Schönheit der Dinge.
Wichtige Autoren der Verschanzten Poesie
- Luis Rosales
- Leopoldo Panero
- Luis Felipe Vivanco
- Dionisio Ridruejo
Entwurzelte Poesie (Poesía Desarraigada)
Die „Entwurzelte Poesie“ steht im direkten Gegensatz zur vorherigen Strömung. Dámaso Alonso beschrieb sie treffend: „Andere sind sehr weit von aller Harmonie und Ruhe.“
Die dramatische Reaktion auf dieses Unbehagen fand ihren Ausdruck in Alonsos Buch Hijos de la ira (Kinder des Zorns). Auch diese Dichtergruppe fand eine Plattform in einer Zeitschrift, nämlich Rohrkolben (Espadaña), die von Victoriano Crémer und Eugenio de Nora gegründet wurde.
Merkmale und Themen der Entwurzelten Poesie
Diese Poesie zeichnet sich durch einen leidenschaftlichen, tragischen und bitteren Ton aus. Sie wird manchmal als „Panikmache“ beschrieben – ein Gedicht, das von einer unruhigen und chaotischen Welt, von Leiden und Qualen erschüttert wird. Diese dramatische, zerrissene Haltung hat eine klare Verbindung zum Existenzialismus.
Die Religiosität ist auch hier präsent, nimmt aber den Ton der Verzweiflung und des Zweifels an. Sie manifestiert sich in verzweifelten Anrufungen oder Flüchen gegen Gott angesichts des Geheimnisses menschlichen Schmerzes. Diese Strömung nimmt die Sorge um den Menschen auf, was den Weg für die spätere „Soziale Poesie“ ebnet.
Der Stil ist bronco (rau), direkter, einfacher und weniger auf ästhetische Feinheiten bedacht.
Soziale Poesie (Poesía Social)
Um 1955 konsolidierte sich der sogenannte „Sozialistische Realismus“. Dieses Datum markiert einen Meilenstein durch die Veröffentlichung zweier Gedichtbände:
- Pido la paz y la palabra (Ich bitte um Frieden und das Wort) von Blas de Otero
- Cantos Iberos (Iberische Gesänge) von Gabriel Celaya
Aufbauend auf der „Entwurzelten Poesie“ verlagerten diese Dichter die menschlichen Probleme, die zuvor von Existenzangst geprägt waren, in ein soziales Umfeld. Die Poesie sollte nun „Partei ergreifen“ und sich den Problemen der Welt stellen. Der Dichter ist ein „Unterstützer“ anderer Menschen und stellt unmittelbare Ziele über ästhetische Ansprüche: Poesie als Werkzeug zur Veränderung der Welt.
Poesie als Waffe
Celaya fasste diese Idee in seinem Gedicht Lo esencial (Das Wesentliche) zusammen: „Die Poesie ist eine Waffe, geladen mit Zukunft.“
Das „Thema Spanien“ wird noch obsessiver behandelt als bei den „Noventayochistas“, jedoch mit einem völlig anderen, eher politischen Ansatz. Dies spiegelt sich in Buchtiteln wie ¿Qué pasa en España? (Wie sieht es mit Spanien aus?) von Otero wider.
Zentrale Themen und Stil
Im Rahmen der allgemeinen Sorge um Spanien liegen die zentralen Themen in:
- Sozialer Ungerechtigkeit und Entfremdung
- Der Welt der Arbeit
- Dem Wunsch nach Freiheit und einer besseren Welt
Diese Absichten erklären die dominanten Stilmerkmale. Die Dichter richteten sich an „die Mehrheit“. Celaya und Otero, die führenden Köpfe, wollten das Volk schnell erreichen. Dieser Anspruch führte zur Verwendung einer klaren, oft absichtlich prosaischen Sprache und einem systematischen Plauderton.
Celaya sprach davon, „zu schreiben, wie man atmet“. Otero sagte: „Ich schreibe, wie ich spucke.“ Dieser extreme Verzicht auf ästhetische Feinheiten barg die Gefahr, in eine banale Poesie abzugleiten. Dennoch ist es wahr, dass die großen Dichter das Recht hatten, die poetischen Werte der Alltagssprache neu zu entdecken.