Die Spanische Renaissance: Denken, Kultur und Literatur

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Die Spanische Renaissance: Denken und Kultur im 16. Jahrhundert

Die Renaissance definiert einen umfassenden sozialen und kulturellen Zeitraum, der vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert reicht. Sie ist geprägt vom Wiederaufleben der klassischen Studien und der Verehrung griechisch-lateinischer Autoren.

Humanismus: Eine Kulturelle Bewegung

Der Humanismus, eine in Italien entstandene kulturelle Bewegung, stellte den Menschen in den Mittelpunkt der Weltanschauung und widmete sich dem Studium der humanistischen Literatur. Seinen Höhepunkt erreichte er im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Wichtige italienische Humanisten gelangten nach Spanien, und die Universitäten von Salamanca und Alcalá de Henares entwickelten sich zu humanistischen Zentren. Im zweiten Jahrzehnt des Jahrhunderts wurde das Meisterwerk des spanischen Humanismus, die Complutensische Polyglottenbibel, veröffentlicht, an der Gelehrte wie Antonio de Nebrija und Francisco Sánchez de las Brozas (El Brocense) mitwirkten.

Mäzenatentum: Schutz von Kunst und Literatur

Ein Mäzen ist eine Person, die Künstler und Schriftsteller schützt und fördert.

Wichtigste Merkmale der Renaissance

Ein zentrales Merkmal der Renaissance ist die Betonung der Würde des Menschen. Der Mensch wird als Mittelpunkt und Herr seines Schicksals betrachtet, im Gegensatz zum Theozentrismus und der Unbeweglichkeit der mittelalterlichen Ständegesellschaft. Dies spiegelt einen typisch bürgerlichen Individualismus wider, der auch den intensiven Vitalismus erklärt, der sich sowohl in der Kunst als auch in der Literatur dieser Epoche manifestiert. Dies zeigt sich in der Pracht fast heidnischer Höfe und Paläste mit ihren Festen und Luxusgütern, wo die Liebe und die Freuden in einer weitgehend säkularen Gesellschaft besungen wurden.

Rationalismus: Vertrauen in die Vernunft

Der Rationalismus ist ein Merkmal der neuen Ära, das Vertrauen in die Vernunft als treibende Kraft des Fortschritts erklärt.

Neuplatonische Philosophie und Realität

Nach den neuplatonischen Philosophen ist die materielle Realität lediglich Ausdruck einer höheren, geistigen Ordnung, die harmonisch und perfekt ist und vom Menschen entweder durch Wissen oder andere spirituelle Wege erreicht werden kann.

Erasmus von Rotterdam: Der Reformistische Humanist

Erasmus von Rotterdam ist die bedeutendste humanistische Persönlichkeit mit reformistischem Charakter. Seine Werke behandeln sozialpolitische Fragen und kritisieren die damalige Zeit durch Ironie und Satire. Er schlug eine religiöse Praxis vor, die frei von äußerlicher Heuchelei war.

Das Konzil von Trient: Gegenreformation

Das Konzil von Trient wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von der Kirche einberufen, um die wesentliche katholische Lehre zu definieren und die Ausbreitung des Protestantismus zu bekämpfen. Dies führte zu einer religiös-politischen Bewegung, die als Gegenreformation bekannt ist.

Lyrik der Renaissance: Tradition trifft Innovation

Die Poesie dieses Jahrhunderts ist geprägt vom Zusammentreffen traditioneller Dichter, die den poetischen Modellen der Liedersammlungen treu blieben, und neuen italienischen Dichtern, die versuchten, die Sensibilität, Themen und Formen der in Italien triumphierenden Renaissance-Poesie einzuführen. Man darf nicht ignorieren, dass diese beiden entgegengesetzten Pole poetischer Traditionen gemeinsame Ursprünge hatten: die höfische Lyrik der Troubadoure und die petrarkistische Liebeslyrik.

Die Renaissance-Poesie ist hochinnovativ: Sie bringt neue Strophen, neue Verse und neue Genres hervor. Der bevorzugte Vers ist der Endecasílabo (Elfsilber), oft im Wechsel mit dem Heptasílabo (Siebensilber). Hinsichtlich der Gattungen wurden viele griechisch-römische Traditionen wiederbelebt:

  • Pastorale (Hirtendichtung)
  • Oden
  • Episteln (Briefgedichte)
  • Elegien
  • Satiren

Die häufigsten Strophenformen sind das Sonett, das Lied, die Lira, die Terzinenkette, die Silva und die Oktave.

Zentrale Themen der Renaissance-Lyrik

Die Renaissance-Lyrik greift verschiedene wiederkehrende Themen auf:

  • Carpe Diem ("Nutze den Tag"): Eine Aufforderung, die Gegenwart zu genießen, da das Leben kurz und das Glück vergänglich ist und niemand weiß, was morgen geschehen mag.
  • Collige, virgo, rosas ("Pflücke, Mädchen, die Rosen"): Eine Aufforderung an ein junges Mädchen, die Liebe zu genießen, bevor die Zeit ihre Schönheit welken lässt.
  • Aurea Mediocritas ("Die glückliche Mittelmäßigkeit"): Lob eines moderaten Lebens, fern von großen Ambitionen und Leidenschaften, die nur Sorgen und Unglück bringen würden.
  • Beatus Ille ("Glücklich derjenige"): Die Sehnsucht nach Rückzug aus dem weltlichen Leben, in Kontakt mit der Natur, einem Ort, um Frieden und Harmonie zu finden.
  • Mythologie: Dieses Thema bietet dem Dichter eine reiche Quelle an Motiven, die entweder direkt von klassischen Autoren oder indirekt durch Mythographien übernommen werden.
  • Liebe: Sie wird nun als eine Tugend des Geistes verstanden, die den Menschen veredelt. Durch die Liebe erhebt sich der Mensch zum Immateriellen; die Betrachtung weiblicher Schönheit führt zur Erkenntnis absoluter Schönheit. Sie wird aber auch als Quelle von Frustration und Schmerz genutzt.

Moralische Poesie: Kritik an der Gesellschaft

Die moralische Poesie drückt die Unzufriedenheit mit der individualistischen und urbanen Gesellschaft aus, die durch die neue Moral der Gegenreformation, etabliert durch das Konzil von Trient, geschaffen wird. Die beiden Linien der Poesie, Liebe und Moral, unterscheiden sich in der gewählten Ausdrucksform. Die lyrischen Liebeslieder werden in Sonetten, Madrigalen oder Sextinen ausgedrückt, während das bevorzugte Genre des moralischen Themas der Brief oder die Ode ist.

Fernando de Herrera: Brücke zur Komplexität

Fernando de Herrera ist die lyrische Brücke zwischen dem einfachen Garcilaso und dem komplexen Góngora. Er schrieb Epen patriotischen Charakters, doch seine größte Stärke liegt im amorosen Thema. Formal ist sein Werk komplex.

Mystische Literatur: Die Suche nach Gott

Die Autoren der mystischen Literatur streben danach, in Gemeinschaft mit Gott zu sein, und drücken dies sowohl in Prosa als auch in Versen aus. Es werden drei Stufen der mystischen Erfahrung unterschieden:

  1. Reinigung: Der Zustand der Gnade bei Gott.
  2. Erleuchtung: Der Erwerb von Wissen durch den Glauben.
  3. Vereinigung: Die Seele verbindet sich mit Gott durch Ekstase.

Teresa von Ávila: Mystikerin und Schriftstellerin

Teresa von Ávila, geboren als Teresa de Cepeda y Ahumada, war eine jüdische Konvertitin. Sie schrieb Prosawerke wie Die innere Burg (oder Die Wohnungen) und Das Buch des Lebens.

Garcilaso de la Vega: Der Renaissance-Mann

Garcilaso de la Vega war der Prototyp des Renaissance-Mannes: Dichter und Soldat. Er war unglücklich in Isabel Freyre verliebt, und diese unmögliche Liebe sowie ihr Tod hinterließen einen tiefen Eindruck in seinen Gedichten, die der neuplatonischen petrarkistischen Tradition folgen. Seine Reisen nach Italien (insbesondere Neapel) bereicherten seine Lyrik mit neuen italienischen Einflüssen.

Garcilasos Werke

Sein Werk umfasst:

  • 1 Epistel
  • 2 Elegien
  • 3 Eklogen
  • 5 Lieder (Oden)
  • 38 Sonette
Garcilasos Sonette: Liebe und Natur

Garcilasos Sonette markieren die endgültige Etablierung dieser Strophenform in der spanischen Literatur. Sie behandeln im Allgemeinen die Liebe zur Natur; einige greifen auch den Stil und die lyrischen Themen der Liedersammlungen auf, während andere die neue Sensibilität der Renaissance widerspiegeln.

Die Elegien: Klassische Einflüsse und Stoizismus

Die Elegien hingegen zeigen einen direkten Einfluss der Klassiker und eine stoische Haltung gegenüber unglücklichen Ereignissen, sind aber nicht frei von einer gewissen optimistischen Lebensphilosophie.

Die Eklogen: Bukolische Dichtung und Liebe

Eine Ekloge ist eine bukolische (hirtendichterische) poetische Komposition, in der mehrere Hirten bestimmte Themen, meist die Liebe, diskutieren. Obwohl die Ekloge II. die erste war, die er schrieb, ist sie die längste und eine der drei, die eine dramatische Handlung aufweisen.

  • Ekloge I: Die bekannteste. Sie besteht aus 421 Versen, aufgeteilt in Lose, in denen die Hirten Salicio und Nemoroso ihre Verachtung und ihr Bedauern über den Tod ihrer jeweiligen Geliebten ausdrücken.
  • Ekloge III: Vielleicht Garcilasos erfolgreichstes Werk. In Oktaven verfasst, erzählt sie, wie am Ufer des Tejo vier Nymphen Stoffe besticken, auf denen Geschichten von Liebe und Tod dargestellt sind. Das Gedicht endet mit dem Wechselgesang der beiden Hirten, die ihre Mädchen feiern. Wenn man bedenkt, dass die vierte Nymphe gerade die Geschichte von Elisa und Nemoroso spinnt, stellt diese Ekloge eine bedeutende künstlerische Überarbeitung dar: Garcilasos eigene Liebeserfahrung wird mit der "pastoralen Fiktion" der Poesie verknüpft, die wiederum zum Gegenstand eines Gemäldes oder einer Stickerei wird. Es ist also ein Prozess der künstlerischen Abstraktion, der die poetische Meisterschaft des Autors deutlich zeigt.

Garcilasos Hauptthemen

Das vorherrschende Thema in Garcilasos Dichtung ist die Liebe. Zweifellos zeigt er einen Mann, der seine Gefühle ausdrückt, eine deutlich platonische Liebe mit sichtbaren Spuren der petrarkistischen Tradition. Die Gleichgültigkeit der Frau und der Schmerz des Liebenden, schwankend zwischen Hoffnung und Verzweiflung, vermitteln in seiner Poesie ein starkes Gefühl der Aufrichtigkeit, das oft mit dem autobiografischen Charakter verbunden ist. Er verbindet in seinem Werk menschliche Gefühle mit literarischer Rhetorik.

Ein weiteres Thema ist die Präsenz der Natur als stilisierte Umgebung, in der die Charaktere ihr Leid beklagen und die als Vertraute dient, die den Hirten in ihren Klagen zuhört.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die klassische griechisch-römische Mythologie, wie im Sonett über Apollo und Daphne.

Garcilasos Stil: Natürlichkeit und Eleganz

Die neue poetische Sprache Garcilasos entspricht den Idealen der Renaissance von Natürlichkeit und Eleganz. Seine Sprache ist bestechend einfach, flüssig und natürlich. Er strebt nach klassischer Balance zwischen Leidenschaft und Zurückhaltung. Diese Sehnsucht nach Harmonie spiegelt sich in der häufigen poetischen Symmetrie seiner Strukturen wider. Der Ton seiner Poesie ist süß, traurig und melancholisch. Die häufige Verwendung von vorangestellten Adjektiven trägt zu diesem metrischen Ton bei, insbesondere der Endecasílabo, der oft mit Heptasílabos kombiniert wird, was den Ausdruck freier macht. Die Musikalität entsteht durch die Mischung von Akzenten und Reimen, Alliterationen, Hyperbata, Vergleichen, Übertreibungen und Metaphern.

Fray Luis de León: Dichter, Theologe, Mystiker

Fray Luis de León war ein Augustinermönch und Professor an der Universität Salamanca. Er verbrachte viereinhalb Jahre im Gefängnis der Inquisition, weil er die Übersetzung des Hohelieds verteidigte und die Bibel auf Hebräisch studierte. Er hatte einen schwierigen und leidenschaftlichen Charakter, aber von großem Talent, Fleiß und Harmonie.

Fray Luis' Werke

Sein Werk umfasst:

  • Übersetzungen des Hohelieds und eine Darstellung des Buches Hiob.
  • Prosa:
    • De los Nombres de Cristo (Die Namen Christi): Sein Meisterwerk in einer feierlichen Prosaform als Dialog, in dem drei Charaktere über die in der Bibel gegebenen Namen Jesu Christi sprechen. Es offenbart einen zentralen augustinischen Gedanken: die Sprache. Dies entspricht einem theologischen Phänomen, da seine Metaphern ein Mittel sein können, die göttliche Wahrheit zu vermitteln.
    • La Perfecta Casada (Die perfekte Ehefrau): Beschreibt das Konzept der idealen Frau und ist ein Sittenporträt.
Fray Luis' Poetisches Schaffen

Abgesehen von Übersetzungen umfasst sein poetisches Werk etwa 40 Gedichte, darunter wenige frühe Sonette, aber viele Gedichte des klassischen Genres der Ode. Diese sind oft in unbestimmten Versen und kurzen Strophen verfasst und behandeln verschiedene, aber stets ernste und tiefgründige Themen. Zu seinen wichtigsten Gedichten gehören:

  • "Oda a la vida retirada" (Ode an das zurückgezogene Leben): Vor seiner Haft verfasst, von moralischem Charakter im Rahmen der klassischen Tradition, Verachtung weltlicher Vergnügen.
  • "Profecía del Tajo" (Prophezeiung des Tejo)
  • "Noche serena" (Stille Nacht)
  • "En la ascensión" (Beim Aufstieg)
  • "Al salir de la cárcel" (Beim Verlassen des Gefängnisses): Während der Haft verfasst, behandelt religiöse Fragen und Klagen gegen die Ungerechtigkeit der Inhaftierung.
  • Oden, gewidmet Francisco Salinas, Felipe Ruiz und Pedro Portocarrero: Nach der Haft verfasst, Ausdruck der Sehnsucht nach Harmonie und Affinität, hervorgerufen durch die Sehnsucht nach dem Paradies und spiritueller Mystik.

Fray Luis' Themen: Natur und Spiritualität

Das wichtigste Thema ist der Wunsch, die Welt zu verlassen und mit Gott zu sein. Weitere Themen sind die Natur, die Sehnsucht nach dem Land- und Dorfleben, eine Vorliebe für die Nacht und die Musik. Diese Themen haben ihre Wurzeln in der neostoischen und neoklassischen Tradition, insbesondere im Beatus Ille-Motiv.

Fray Luis' Stil: Eleganz und Ausdruckskraft

Fray Luis übernimmt die Lira-Strophe von Garcilaso. Die Bibel bietet ihm eine Fülle von Bildern und Motiven, und die klassischen Autoren, wie bereits erwähnt, liefern viele Themen. Seine Poesie besitzt eine nur scheinbare Einfachheit; sie ist eine sehr kunstvolle poetische Konstruktion, geprägt von Eleganz und Schlichtheit. Sie enthält viele rhetorische Figuren wie Asyndeton, Polysyndeton, Hyperbel, Alliteration, Hyperbaton, Enjambement, Metaphern, Personifikationen und Epitheta.

Johannes vom Kreuz: Gipfel der Mystik

Johannes vom Kreuz (Juan de la Cruz), ein Karmelit niedriger Herkunft, beteiligte sich an der Reform seines Ordens, wofür er verfolgt und inhaftiert wurde. Er floh und versuchte, die franziskanische Praxis zu übernehmen. Er ist ein bedeutender Vertreter der spanischen mystischen Literatur.

Werke von Johannes vom Kreuz

Das Werk von Johannes vom Kreuz ist kurz und besteht aus drei großen Gedichten:

  • Cántico Espiritual (Geistlicher Gesang): 40 Liren, die dem biblischen Hohelied folgen. Es ist ein Dialog zwischen der Geliebten (Seele) und dem Geliebten (Christus), der die Geliebte aus allen Blickwinkeln betrachtet.
  • Noche Oscura del Alma (Dunkle Nacht der Seele): 8 Liren, in denen die Geliebte von zu Hause flieht und sich dem Geliebten anschließt.
  • Llama de Amor Viva (Lebendige Liebesflamme): 4 Strophen zu je 6 Zeilen, die beschreiben, was die Geliebte empfindet, wenn sie den Geliebten findet.

Er verfasste auch kleinere Gedichte, die sehr ähnliche Motive entwickeln.

Themen bei Johannes vom Kreuz

Die neuplatonische Philosophie sowie die religiöse und mystische Literatur des Mittelalters und der Renaissance liefern viele Themen: die Liebe, die über die profane Liebe hinausgeht und zur unaussprechlichen Vereinigung führt. Biblische Poesie, traditionelle Lieder und Gedichte bieten weitere Motive, wie das bekannte Motiv der Liebessuche. Seine Gedichte behandeln die göttliche Liebe, die Natur, Religion und Mystik, ausgehend von der neuplatonischen petrarkistischen profanen Liebe.

Stil von Johannes vom Kreuz

Sein Stil weist drei Haupteinflüsse auf:

  1. Die italienische kulturelle Tradition.
  2. Die volkstümliche Dichtung der Liedersammlungen und traditionellen kastilischen Gesänge, aus denen er Themen, Vokabular, Formen, Slogans und Motive schöpft.
  3. Die biblische Poesie.

Er verwendet ebenfalls die Lira-Strophe und den Endecasílabo sowie bestimmte Bilder der italienischen Dichtung.

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