Der spanische Übergang: Weg zur Demokratie 1975-1978

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Spaniens Übergang zur Demokratie

Das Franco-Regime befand sich bereits vor Francos Tod in einer Krise, doch der Übergang zur Demokratie (Transición) wurde erst nach seinem Ableben im November 1975 möglich. Mehrere Faktoren trugen zum Gelingen bei:

  • Der Grad der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Spaniens.
  • Die Existenz einer legitimen Monarchie, die vom Vorgängerregime übernommen wurde.
  • Die Kooperation eines großen Teils der politischen Elite des vorherigen Regimes.

Die neue Monarchie und erste Schritte

Die neue Monarchie unter König Juan Carlos I., unterstützt von Europa, förderte die Demokratisierung. Bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie Kardinal Tarancón, spielten eine entscheidende Rolle. Der neue König wurde mit der Tradition seines Vaters, einer historisch liberalen Figur, identifiziert.

Der Prozess war jedoch nicht ohne Schwierigkeiten. Carlos Arias Navarro, der erste Premierminister des Königs, versuchte, eine liberalere Regierung zu bilden. Torcuato Fernández-Miranda, der Präsident der Cortes (Parlament), spielte ebenfalls eine Schlüsselrolle im Übergang.

Die Regierung Arias Navarro (bis Sommer 1976)

Die Amtszeit von Arias Navarro war von Orientierungslosigkeit geprägt; die durchgeführten Reformen waren minimal. Die größten Schwierigkeiten lagen bei der Opposition und den gesellschaftlichen Bedingungen:

  • Eine Welle sozialer Unruhen (z.B. die Ereignisse von Vitoria, Kämpfe in Montejurra).
  • Eine sich verschärfende Wirtschaftskrise.

Die Opposition nutzte dieses Umfeld für den Wandel. Ab 1976 fanden die ersten öffentlichen Aktionen der Opposition statt, die gewaltfrei einen Wandel im Einvernehmen mit den Machthabern anstrebten. Im Sommer 1976 war die Regierung so unzusammenhängend und ziellos, dass der König intervenierte. Arias Navarro trat zurück (oder wurde vom König darum gebeten). Diese Phase war die letzte Chance für das alte Regime zu überleben.

Politische Reformen unter Adolfo Suárez

Adolfo Suárez, ein junger, relativ unbekannter Politiker, wurde zum neuen Premierminister ernannt. Viele bezweifelten seine Eignung, doch seine politischen Fähigkeiten und sein junges Regierungsteam (nur einer war Minister unter Franco) erwiesen sich als entscheidend für den politischen Wandel. Die Suárez-Regierung leitete schnell signifikante Veränderungen ein:

  • Anerkennung der gesellschaftlichen Realität.
  • Reform der Institutionen.
  • Dialogbereitschaft.
  • Unterstützung der nationalen Souveränität.

Im September 1976 wurde das Gesetz zur politischen Reform (Ley para la Reforma Política) vorgelegt. Es sah die Wahl von zwei Kammern (Senat und Kongress) durch allgemeines Wahlrecht vor, die eine neue Verfassung ausarbeiten sollten. Am 15. Dezember 1976 wurde das Gesetz in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Dies geschah inmitten einer schweren Wirtschaftskrise mit hoher Arbeitslosigkeit und Inflation. Die Regierung Suárez vermied zunächst die direkte Konfrontation mit der Wirtschaftskrise, um sich auf die politischen Probleme zu konzentrieren. Es bestand die Furcht vor einem Militärputsch.

Herausforderungen: Terrorismus und Legalisierung

Die terroristische Gruppe GRAPO entführte den Präsidenten des Staatsrates und einen General. Eine Gruppe kommunistischer Anwälte wurde von Rechtsextremisten ermordet (Massaker von Atocha). Die Regierung reagierte besonnen, doch der ETA-Terrorismus ging weiter. Ein entscheidender Moment war die Legalisierung der Kommunistischen Partei (PCE) im April 1977. Dies führte zu Protesten in der Armee und zum Rücktritt des Marineministers.

Die Wahlen von 1977 und der Weg zur Verfassung

Der letzte Schritt der politischen Reform waren die Parlamentswahlen am 15. Juni 1977. Die Regierung trat als Unión de Centro Democrático (UCD) an. Manuel Fraga, ein ehemaliger Minister Francos, führte die rechtsgerichtete Alianza Popular (AP). Die sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) zeigte große Dynamik, ebenso wie die kurz zuvor legalisierte Kommunistische Partei (PCE).

Die Wahlergebnisse bei hoher Beteiligung:

  • UCD: 165 Sitze
  • PSOE: 118 Sitze
  • PCE: 20 Sitze
  • AP: 16 Sitze

Kleinere Parteien, darunter nationalistische Parteien, ergänzten die politische Landschaft.

Im November 1977 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Rechenschaftspflicht der Regierung gegenüber dem Parlament festlegte. Da die UCD nur eine Koalition war, musste Präsident Suárez Unterstützung für sein Kabinett suchen, das sich aus Vertretern verschiedener kleiner Parteien zusammensetzte, wobei Suárez' Vertraute Schlüsselpositionen innehatten.

Autonomie, Amnestie und Wirtschaftspakte

Es war eine Zeit starker nationalistischer Forderungen. Suárez traf sich mit Josep Tarradellas, um die Wiederherstellung der katalanischen Regierung (Generalitat) zu vereinbaren (Oktober 1977). Eine Amnestie wurde ausgeweitet, auch auf politische Straftaten, doch die ETA setzte ihre Anschläge fort. Auch andere Regionen strebten Autonomiestatute an.

Die wirtschaftliche Lage blieb schlecht. Die sogenannten Pakte von Moncloa (Oktober 1977), ein Konsens zwischen Regierung, Oppositionsparteien und Gewerkschaften, ermöglichten es, soziale Spannungen abzubauen und sich auf politische Aufgaben zu konzentrieren. Maßnahmen umfassten:

  • Abwertung der Peseta
  • Steuerreform
  • Bekämpfung von Steuerbetrug
  • Ein Sparprogramm
  • Sozialpolitische Maßnahmen

Die Unruhen hielten an. Die ETA blieb ein gravierendes gesellschaftliches Problem. Im November 1978 fand die erste große Demonstration gegen den Terrorismus statt, unterstützt von den großen Parteien. Nicht nur die ETA, auch die extreme Rechte bedrohte die Demokratisierung.

Die Verfassung von 1978

Der Entwurf der Verfassung wurde im Juli 1978 von der Abgeordnetenkammer und im Oktober vom Kongress verabschiedet. Am 6. Dezember 1978 wurde sie durch ein Referendum vom spanischen Volk ratifiziert.

Die Verfassung umfasst 169 Artikel in 11 Titeln:

  • Titel I: Grundrechte und Grundfreiheiten. Definiert Spanien als sozialen und demokratischen Rechtsstaat. Hauptstreitpunkte bei der Ausarbeitung: Todesstrafe (abgeschafft außer im Kriegsrecht), Abtreibung, Bildungsfragen.
  • Titel II: Die Monarchie (parlamentarische Monarchie, König als Staatsoberhaupt mit repräsentativer und symbolischer Rolle).
  • Titel III & IV: Legislative (Cortes Generales: Kongress und Senat) und Exekutive (Regierung). Zweikammersystem, wobei der Kongress mehr Befugnisse hat. Wahl durch allgemeines Wahlrecht (Mischsystem aus Verhältnis- und Mehrheitswahl). Konstruktives Misstrauensvotum. Organische Gesetze erfordern absolute Mehrheit im Kongress.
  • Titel VII: Wirtschaft und Finanzen.
  • Titel VIII: Territoriale Gliederung des Staates (Autonome Gemeinschaften).

Das System der Freiheiten wird durch den Bürgerbeauftragten (Defensor del Pueblo), das Verfassungsgericht und die unabhängige Justiz geschützt.

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