Der spanische Unabhängigkeitskrieg und die Verfassung von 1812
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Vorgeschichte: Die Krise der Monarchie
Im späten 18. Jahrhundert scheiterte Manuel Godoy, Minister Karls IV. seit etwa 1792, mit seiner Politik, was zur Spaltung der königlichen Familie und des Adels führte. 1808 wurde Godoy schließlich infolge des Tumults von Aranjuez abgesetzt. Allerdings befand sich Ferdinand VII., der Sohn König Karls IV., in einer ähnlichen Situation um die spanische Krone. Karl IV. wandte sich daraufhin an Napoleon mit der Absicht, seine Herrschaft zu sichern und wieder an die Macht zu gelangen. Als Napoleon die Schwäche und Korruption der spanischen Monarchie erkannte, entschied er schließlich, das Land dem französischen Reich einzuverleiben, und lud die spanische Königsfamilie nach Bayonne ein. Dort fanden die berühmten Abdankungen von Bayonne statt, bei denen Karl IV. zugunsten seines Sohnes Ferdinand VII. abdankte, und dieser wiederum zugunsten Napoleons. Schließlich übergab Napoleon den spanischen Thron an seinen Bruder Joseph Bonaparte, was den Beginn des Unabhängigkeitskrieges markierte.
Der Unabhängigkeitskrieg (1808-1814)
Ausbruch und Organisation des Widerstands
Nach diesen Abdankungen wurde ein Regentschaftsrat gebildet, um das Land außerhalb der Herrschaft des französischen Königs zu regieren und einen spanischen Monarchen vorübergehend zu vertreten, da die Monarchie Joseph Bonapartes als illegitim angesehen wurde. Am 2. Mai 1808 kam es spontan zu einem Volksaufstand in Madrid, der den Beginn des Aufstands markierte. Darauf wurde am nächsten Tag mit brutaler Repression reagiert. Mit der Ausweitung der Rebellion wurden lokale Verteidigungsausschüsse (Juntas) als Koordinierungsstellen für den Aufstand sowie eine zentrale Junta Suprema gebildet. Diese hatte die Aufgabe, die Cortes einzuberufen und ein Militärbündnis mit England, dem Feind des französischen Reiches, zu schließen.
Phasen des militärischen Konflikts
Die Entwicklung des militärischen Konflikts lässt sich in drei Phasen unterteilen:
- Erste Phase (1808-1810): Spanische Erfolge wie die Schlacht von Bailén, gefolgt von Napoleons persönlichem Eingreifen, was zur fast vollständigen Besetzung der Halbinsel führte.
- Zweite Phase (1810-1812): Ein Abnutzungskrieg durch Guerillaaktivitäten gegen die französische Armee. Belagerungen von Städten wie Saragossa, Cádiz und Girona. Cádiz widerstand als einzige dank britischer Unterstützung.
- Dritte Phase (1812-1814): Anglo-spanische Offensive von Portugal aus, Schlachten von Salamanca und Vitoria, Rückzug der französischen Armee von der Halbinsel aufgrund ihrer Niederlagen.
Politische Spaltung und Reformversuche
Joseph I. und das Statut von Bayonne
Das Erste, was Joseph I. tat, war die Einberufung von Notabeln nach Bayonne, aus deren Beratungen das Statut von Bayonne hervorging. Dies war formal die erste Verfassung in der Geschichte Spaniens und anerkannte die Gleichheit aller vor dem Gesetz, bei Steuern und beim Zugang zu öffentlichen Ämtern. Sie verfolgte die Liquidierung des Ancien Régime (Abschaffung der Grundherrschaft, Entfeudalisierung des Landes usw.). Sie wurde jedoch von der Mehrheit der Spanier abgelehnt und als Produkt einer illegitimen Regierung missverstanden. Diese Situation verschlechterte sich dadurch, dass die französische Armee ziemlich brutal vorging. Dies spornte die Spanier an, ihre eigene Verfassung auszuarbeiten.
Afrancesados versus Patrioten
Angesichts dieser politischen Situation konnten die Spanier in verschiedene Gruppen eingeteilt werden:
- Afrancesados (Verfranzösischte): Sie glaubten, dass die angestrebten liberalen Reformen nur unter der Herrschaft Josephs I. erreicht werden könnten und unterstützten ihn deshalb.
- Patrioten: Sie betrachteten die französische Herrschaft als illegitim, lehnten sie ab und forderten die Rückkehr Ferdinands VII. Die Patrioten wiederum teilten sich in zwei Gruppen:
- Absolutisten: Sie wollten die Rückkehr Ferdinands VII., jedoch ohne Reformen und unter Beibehaltung des Ancien Régime.
- Liberale: Sie wollten das Ancien Régime abschaffen und eine Reihe liberaler Reformen einleiten.
Die Cortes von Cádiz und die Verfassung von 1812
Einberufung in Cádiz
Die Cortes hingegen tagten nach mehreren Umzügen schließlich in Cádiz, der einzigen größeren Stadt, die nicht von der französischen Armee erobert wurde. Als Hafenstadt war Cádiz eine kommerzielle und weltoffene Stadt. Daher stellte die bürgerlich-liberale Schicht eine große Mehrheit, was für die Einberufung der verfassungsgebenden Cortes von großer Bedeutung war. Da nicht alle gewählten Abgeordneten anreisen konnten, wurden Ersatzabgeordnete aus Cádiz selbst ernannt, sodass die Verfassung von 1812 von einer liberalen Mehrheit geschaffen wurde.
Die Verfassung 'La Pepa': Inhalte und Bedeutung
Die Verfassung, bekannt als 'La Pepa' (da sie am 19. März, dem Josefstag, verkündet wurde), war von der französischen Verfassung von 1791 beeinflusst und enthielt eine breite Erklärung der Grundrechte wie Presse-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie das Recht auf Eigentum. Sie proklamierte die nationale Souveränität (die Macht liegt bei der Nation, d.h. allen Bürgern), verankerte die Gewaltenteilung (Exekutive beim König, Legislative bei den Cortes, Judikative bei den Richtern), erklärte Spanien zur konstitutionellen Monarchie und richtete Einkammer-Cortes ein, deren Mitglieder durch indirektes allgemeines Wahlrecht für Männer über 25 Jahre gewählt wurden. Da der legitime König abwesend war, übte der Regentschaftsrat (Nachfolger der Junta Suprema Central) die Exekutivgewalt aus. Allerdings machte die Verfassung von 1812 als liberale Verfassung den Fehler, Kirche und Staat nicht zu trennen und den Katholizismus als Staatsreligion festzuschreiben.
Weitere liberale Gesetzgebung
Die Schaffung dieser Verfassung ging mit einer wichtigen legislativen Arbeit zur Beseitigung des Ancien Régime und der ständischen Privilegien einher: Das Erstgeburtsrecht wurde abgeschafft, die Inquisition wurde abgeschafft, Binnenzölle wurden beseitigt und der Freihandel wurde eingeführt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass dies eine legale Revolution in Spanien darstellte und einen hohen symbolischen Wert für den spanischen Liberalismus erlangte.
Das Ende: Restauration des Absolutismus (1814)
Bereits 1814 schlossen die Cortes in Cádiz mit dem Versprechen, sich während der Herrschaft Ferdinands VII. in Madrid wieder zu versammeln. Dies wurde jedoch nie erfüllt. Nach seiner Rückkehr nach Spanien schaffte der Monarch durch das 'Manifest der Perser' die Verfassung von 1812 ab und stellte den absolutistischen Staat wieder her.