Spanische Wirtschaftsgeschichte: Desamortisation, Industrialisierung und Wandel im 19. Jahrhundert
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Die Desamortisation in Spanien
Die Desamortisation war ein Prozess, der die erste Phase der liberalen Agrarreform in Spanien markierte. Sie gliedert sich in drei Hauptphasen:
- Phase 1: Begann mit Godoy und hatte positive Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft, insbesondere durch die Einbeziehung der Kirche.
- Phase 2: Umfasste die Gesetze des Ministers Mendizábal und betraf die Enteignung von Kirchengütern.
- Phase 3: Konzentrierte sich auf den Besitz von Gemeinden und kirchlichen Gemeinschaften.
Die Folgen der Desamortisation waren vielfältig:
- Gewinner: Großgrundbesitzer und wohlhabende Käufer profitierten von der Übernahme aufgegebener Ländereien.
- Verlierer: Kleinbauern und die lokale Kirche waren die Hauptleidtragenden.
Die landwirtschaftliche Produktion wuchs nur bescheiden. Trotz politischer Bemühungen zur Ankurbelung der Landwirtschaft und zur Bewältigung von Krisen blieb die Produktivität niedrig. Diese landwirtschaftliche Stagnation trug maßgeblich zur wirtschaftlichen Verzögerung Spaniens im 19. Jahrhundert bei.
Die Textilindustrie
Die Textilindustrie, insbesondere die Baumwollverarbeitung, war ein wichtiger Motor der Industrialisierung in Spanien. Katalonien entwickelte sich zum Zentrum dieser Aktivität, begünstigt durch die Einführung neuer Maschinen, die durch Wasserräder oder Dampf angetrieben wurden. Eine steigende Nachfrage aus den Kolonien wie Kuba und Puerto Rico trug ebenfalls zum Wachstum bei.
Die Unabhängigkeit der Kolonien wirkte sich verheerend auf die Industrie aus. Während sich die Wollproduktion in Kastilien und León sowie die Seidenproduktion in Valencia, Murcia und Granada konzentrierten, erlebte die Flachsverarbeitung in Galicien einen Rückgang.
Bergbau und Metallurgie
Spanien war reich an Bodenschätzen. Trotz einer gewissen Stagnation profitierte der Bergbau von einem Aufschwung, der durch ausländische Investitionen und die Verabschiedung eines neuen Bergbaugesetzes begünstigt wurde. Dies führte zur Beschlagnahme von Untergrundbesitz. Die Stahlproduktion konzentrierte sich insbesondere im Baskenland, mit Bilbao als wichtigem Zentrum.
Handel und Kommunikation
Der Binnenhandel litt unter natürlichen Hindernissen wie einem schlechten Straßennetz und verspäteten Kommunikationsmitteln. Der Eisenbahnbau und die Abschaffung von Binnenzöllen trugen zur Verbesserung bei, aber die Post- und Telegrafendienste blieben rückständig.
Der Außenhandel erlebte im ersten Drittel des Jahrhunderts aufgrund von Kriegen Höhen und Tiefen. Ab 1840 wuchs er stetig, wobei Wein, Mineralien und Textilien die wichtigsten Exportgüter waren. Die Verbesserung der Verkehrswege erfolgte durch die Instandsetzung von Straßen, den Ausbau des Seeverkehrs und die Einführung der Eisenbahn.
Banken- und Währungssystem
Das erste Bankinstitut, die Banco de San Carlos, ging bankrott. Der Staat übernahm die Währungsregulierung und die Verwaltung der öffentlichen Schulden.
Die Entstehung spanischer Banken erfolgte zwischen 1844 und 1856. Anfänglich gab es eine Zunahme von 66 Banken, gefolgt von einer Bankenkrise. Später expandierte die Zahl auf 74 Banken mit einer einzigen Zentralbank, die die Emission von Banknoten dominierte. Die öffentliche Bankenaufsicht war präsent.
Es gab eine Münz- und Maßanarchie mit bis zu 30 verschiedenen Einheiten. Die Pesete wurde 1868 als einheitliche Währung eingeführt, die sich langsam durchsetzte. Die Ausgabe von Banknoten und die Einführung von Girokonten prägten das System. Die Dominanz von Silber und Gold im Umlauf war spürbar, jedoch wurden die Bankguthaben nicht immer für produktive Investitionen verwendet.
Rolle von Staat und Wirtschaft
Die Staatsausgaben stiegen bis 1845 an, während die Steuereinnahmen und die Effizienz niedrig blieben. Steuerreformen vereinfachten das Steuersystem, aber die öffentliche Verschuldung blieb ein Problem. Die Wirtschaft zeigte Trägheit und eine mangelnde kapitalistische Mentalität. Dies führte zu einer ausländischen Dominanz in Sektoren wie Bankwesen, Bergbau und Landwirtschaft.
Fazit: Die spanische Wirtschaft des 19. Jahrhunderts war durch eine konservative Mentalität, Protektionismus und eine defensive Haltung geprägt.
Demografischer Wandel
Spanien verzeichnete ein Bevölkerungswachstum, das jedoch niedriger war als in anderen europäischen Ländern. Ursachen dafür waren hohe Sterblichkeitsraten aufgrund unhygienischer Bedingungen, Nahrungsmittelkrisen, hohe Kindersterblichkeit und Epidemien.
Ab 1869 wurde die Auswanderung freigegeben, wobei Lateinamerika, insbesondere Argentinien, zum Hauptzielland wurde. Politische Instabilität und eine intensive Landflucht in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts prägten die demografische Entwicklung.
Ursprünge der Arbeiterbewegung
Die Arbeiterbewegung entwickelte sich in zwei Phasen:
- Erste Phase: Geprägt von spontanen Protesten gegen Maschinen und Streiks, mit dem ersten Kern in Barcelona.
- Zweite Phase: Beeinflusst durch ideologische Strömungen und die Organisation von Arbeitnehmern.
Die Arbeiterbewegung war gespalten zwischen Marxisten und Anarchisten. Die anarchistische Hegemonie führte zu Gewalt und reformistischen Strömungen.