Spanisches Barocktheater & Calderóns 'Das Leben ist ein Traum'
Eingeordnet in Philosophie und Ethik
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 5,66 KB
Barocktheater: Eine Einführung
Das Theater war das beliebteste Genre der Barockzeit. Das Publikum genoss die Aufführungen in den Corrales de Comedias, den typischen Innenhof-Theatern, die zwischen benachbarten Gebäuden errichtet wurden. Im Hintergrund befand sich die Bühne mit seitlichen und hinteren Türen sowie einer oder zwei Galerien, um Szenen auf verschiedenen Ebenen darzustellen. Es gab keinen Vorhang, und die Szenografie (Bühnenbild) war sehr einfach und schematisch, sodass die Schauplätze hauptsächlich durch Worte geschaffen wurden. Die Vorderseite und die beiden Seiten der Bühne waren für die stehenden Zuschauer vorgesehen (Mosqueteros). Die Aufführungen fanden tagsüber statt, da es keine künstliche Beleuchtung gab.
Aufführungen fanden auch in den königlichen Palästen oder wichtigen Adelshäusern statt. Hier war das Publikum homogener und bestand ausschließlich aus Königen, Adligen und Höflingen.
Zu Fronleichnam wurden auf Wagen (carros) in den Straßen oder auf öffentlichen Plätzen einaktige religiöse Stücke, die sogenannten Autos Sacramentales, aufgeführt.
Merkmale des Goldenen Zeitalters
Das Theater des Goldenen Zeitalters legte mehr Wert auf Handlung als auf psychologische Charakterisierung. Die Handlung ist dem zu behandelnden Thema untergeordnet: Sie fungiert oft als Metapher oder Symbol, das die zentrale Problematik des Stücks vermittelt. Dies ermöglichte eine Nebenhandlung zusätzlich zur Haupthandlung.
Lope de Vega schuf die Grundlagen und Muster des klassischen spanischen Theaters:
- Abkehr von normativen Regeln und Orientierung am Geschmack des Publikums; das Theater sollte die Zeit widerspiegeln.
- Mischung des Tragischen mit dem Komischen, um die Vielfalt der Natur nachzuahmen.
- Etablierung des Verses als Standardform für das Theater.
- Gliederung des Stücks in drei Akte anstelle der klassischen fünf.
- Zulassung von Sprüngen in Zeit und Raum innerhalb des Stücks.
Das Theater Calderóns
Calderón übernahm alle Innovationen Lope de Vegas, fügte aber eine strukturelle Perfektion und stilistische Verfeinerung hinzu, die Lope nicht hatte. Neben der sprachlichen Meisterschaft, einem Erbe Góngoras, ist Calderóns dramatische Sprache durch Züge philosophischer Argumentation gekennzeichnet.
Einführung in "Das Leben ist ein Traum"
Das Leben ist ein Traum verarbeitet Motive aus östlichen und westlichen Traditionen, die sich mit der Macht von Horoskopen und der Beziehung zwischen Leben und Traum befassen. In der Handlung gibt es zwei Ebenen, die das Thema der Beherrschung der Leidenschaften und der Entdeckung der eigenen Identität gemeinsam haben.
Der freie Wille ist die Fähigkeit des Menschen, über seinen Lebensweg zu entscheiden. Seine Bedeutung war ein zentrales Anliegen der Zeit. Es wurde viel darüber diskutiert, ob der Mensch durch gute Werke auf Erden zu seiner Erlösung (im Himmel) beitragen könne oder ob sein Schicksal (Verdammnis oder Erlösung) bereits vorherbestimmt (prädestiniert) sei. Diejenigen, die an den freien Willen glaubten, argumentierten, dass der Mensch jede böse Neigung überwinden und Unglück durch gute Entscheidungen abwenden könne.
Durch das Thema des Lebens als Traum erhält dieses Werk eine tief religiöse Dimension mit einem Fokus auf Transzendenz. Die zentrale Idee ist, dass das Leben als Traum betrachtet werden kann und dass alle Ehre, aller Besitz und alle weltliche Macht im Vergleich zur ewigen Herrlichkeit nur Illusion sind.
Sigismund: Ein barocker Held
Der Leser oder Zuschauer lernt Sigismund durch seinen Monolog im ersten Akt kennen. Er beklagt seinen Mangel an Freiheit und vergleicht sein Schicksal mit dem anderer Geschöpfe. Somit wird der Protagonist von Anfang an als nachdenklicher und introspektiver Charakter dargestellt, was ein wesentliches Merkmal seiner Heldenfigur sein wird. Sein Vater, Basilio, ist durch übermäßiges Vertrauen in die Macht der (Sternen-)Wissenschaft gekennzeichnet.
Das Experiment, das mit Sigismund durchgeführt wird, um ihn auf die Probe zu stellen, ist nicht stichhaltig. Der Wechsel der Welten ist sehr abrupt, und Sigismund hat keine Mittel, um damit umzugehen. Die Kritik Sigismunds an seinem Vater bezüglich der Vorgehensweise ist legitim.
Sigismunds Problem ist, dass er sich so lange nach Freiheit gesehnt hat, dass er nun nicht weiß, wie er sie nutzen soll. Er glaubt, Freiheit bedeute, alles tun zu können, was er will, und wird wütend auf jene, die ihm widersprechen oder ihn korrigieren. Tatsächlich gibt es in menschlichen Beziehungen bestimmte Regeln, die befolgt, und bestimmte Impulse, die beherrscht werden müssen, da man sonst nicht menschlich, sondern bestialisch handelt.
Für die Barockzeit besteht jeder Mensch aus dieser Dualität: Intelligenz und Instinkt. Je nachdem, welchen Aspekt seines Wesens er privilegiert, wird er mehr Mensch oder mehr Bestie. In der Geschichte Sigismunds werden diese Ideen auf die Spitze getrieben, weshalb diese Figur als Symbol des Menschen betrachtet werden kann.
Rückkehr und Reflexion Sigismunds
Als Sigismund in seinen Turm zurückkehrt, ist er nicht mehr derselbe: Die Erfahrung hat ihn verstört. Er erzählt Clotaldo stolz von seinem gewalttätigen Verhalten. Clotaldo gibt ihm als guter Lehrer den Schlüssel zur Reflexion und zum Beginn seines Weges zur Besserung: Er hätte seine Impulse beherrschen sollen, denn selbst im Traum ist es nicht gut, das Gute zu verlieren (oder: Gutes Handeln ist auch im Traum geboten). Diese Reflexion findet in Sigismund statt.