Sprachentwicklung im frühen Kindesalter (2-6 Jahre)

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Sprachentwicklung im frühen Kindesalter (2-6 Jahre)

Einführung

Sprache ist grundlegend für die kognitive Entwicklung im frühen Kindesalter (2-6 Jahre). In dieser Zeitspanne entwickelt sich die sprachliche Kompetenz enorm: Zweijährige Kinder sprechen in kurzen Sätzen mit begrenztem Wortschatz, während Sechsjährige in der Lage sind, komplexe Sachverhalte zu verstehen und zu diskutieren. Die Reifung und Myelinisierung bestimmter Hirnareale sowie die Bedeutung der Sprache für soziale Interaktionen machen das Alter von 2-6 Jahren zur wichtigsten Phase des Spracherwerbs. Die frühe Kindheit ist eine sensible Phase für den Spracherwerb, in der Wortschatz, Grammatik und Aussprache schnell und leicht erlernt werden. Kinder in diesem Alter werden oft als "Sprachschwämme" bezeichnet, da sie begierig darauf sind, neue Wörter und Sprachstrukturen aufzunehmen. Der soziale Kontext spielt eine entscheidende Rolle, da Kinder motiviert sind, zu kommunizieren, und sich nicht scheuen, Fehler zu machen. Individuelle Gespräche mit Erwachsenen fördern den Wortschatzerwerb und erklären, warum manche Kinder einen größeren Wortschatz haben als Gleichaltrige.

Wortschatz

In der frühen Kindheit erweitert sich der Wortschatz rasant. Kinder entwickeln mentale Kategorien, um Wörter zu gruppieren und so den Wortschatzerwerb zu beschleunigen. Dieses schnelle Zuordnen von Wörtern zu Kategorien wird als Fast Mapping bezeichnet. Kinder ordnen ein Wort einer Kategorie zu, sobald sie es hören, ohne die genaue Definition zu kennen oder es in verschiedenen Kontexten gehört zu haben. Je mehr Hinweise auf die Bedeutung eines Wortes Kinder erhalten, desto besser funktioniert das Fast Mapping. Nach dem Erlernen eines Wortes verwenden Kinder es, um andere Objekte der gleichen Kategorie zu beschreiben. Kinder unter 5 Jahren können Wörter und Phrasen lernen, wenn diese anhand konkreter Beispiele und vertrauter Wörter erklärt werden und der Kontext die Bedeutung des Wortes verdeutlicht.

Schwierigkeiten mit der Sprache

Kinder verstehen nicht immer alle Wörter, die sie hören. Abstrakte Substantive und Metaphern sind besonders schwierig, da sie keinen konkreten Bezug haben. Fast Mapping ist logisch und wörtlich und erlaubt nur eine Bedeutung für ein Wort oder eine Phrase. Wörter, die Vergleiche implizieren (z.B. hoch/niedrig, nah/fern, tief/oberflächlich) oder Raum- und Zeitbeziehungen ausdrücken (z.B. hier/dort, gestern/morgen), sind schwer zu verstehen, da sie nur im Kontext Sinn ergeben.

Meilensteine der Sprachentwicklung

3 Jahre:

  • Produktive Wortschatz von ca. 1000 Wörtern
  • Einfache Sätze mit 3-4 Wörtern (Subjekt-Prädikat-Objekt)
  • Spielen mit Wörtern und Klängen
  • Beherrschung der Vokale und Konsonanten
  • Befolgen von zwei-stufigen Anweisungen
  • Sprechen über Gegenwart und Zukunft
  • Verwenden von Artikeln, Pluralformen, einigen Präpositionen und Konjunktionen

4 Jahre:

  • Produktive Wortschatz von ca. 1600 Wörtern
  • Komplexere Sätze mit 4-5 Wörtern
  • Verwendung von positiven/negativen Aussagen, Fragen und Imperativen
  • Erzählen von Geschichten aus der unmittelbaren Vergangenheit
  • Benennen von Grundfarben und einigen Münzen
  • Stellen vieler Fragen, insbesondere "Warum?" und "Wie?"

5 Jahre:

  • Produktive Wortschatz von ca. 2200 Wörtern
  • Artikulation der meisten Konsonanten
  • Verwendung von temporalen Begriffen (gestern, heute, morgen, vor, nach)
  • Drei-stufige Anweisungen
  • Erzählen von Geschichten und Diskutieren von Gefühlen
  • 90% der Grammatik erworben

6 Jahre:

  • Produktive Wortschatz von ca. 2600 Wörtern (passiver Wortschatz: 20000-24000)
  • Konstruktion komplexer Sätze

Grammatik

Die Grammatik umfasst die Strukturen und Regeln einer Sprache, Wortstellung, Präfixe und Suffixe, Intonation und Aussprache. Man unterscheidet zwischen expressiver Sprache (was jemand sagt) und rezeptiver Sprache (was jemand versteht). Die rezeptive Sprache ist umfangreicher, da das Verstehen von Wörtern einfacher ist als das Ausdrücken von Gedanken. Kinder lernen grammatische Regeln so gut, dass sie diese übermäßig anwenden (Überregulierung).

Zweisprachigkeit

Zweisprachigkeit ist heutzutage ein Vorteil und die frühe Kindheit ist die beste Zeit, um mehrere Sprachen zu lernen. Kinder können nicht nur zwei Wortschätze, sondern auch zwei Grammatiken mit unterschiedlicher Wortstellung, Gestik und Intonation lernen. Die Nervenzellen und Dendriten passen sich an jede gehörte Sprache an. Kinder können Laute, Aussprache und Betonung zwar wahrnehmen, aber nicht immer exakt imitieren. Die Hörbahn spezialisiert sich im Laufe der Zeit auf die vertrauten Sprachen. Eltern und Lehrer sollten daher auf ihre Aussprache achten und Wörter im richtigen Kontext verwenden. Vollständige Zweisprachigkeit bedeutet, zwei Sprachen fließend zu sprechen. Dies geschieht idealerweise, wenn Eltern in beiden Sprachen mit ihren Kindern sprechen. Die Prinzipien des Spracherwerbs gelten für eine und mehrere Sprachen, jedoch benötigt das Erlernen von zwei Sprachen doppelte sprachliche Exposition.

Lesenlernen

Emerging Literacy bezeichnet die ersten Fähigkeiten, die das Lesenlernen ermöglichen (z.B. Buchstabenerkennung). Spracherwerb ist die Grundlage für Emerging Literacy. Wichtiger als das Alphabet ist ein umfangreicher Wortschatz und die Kenntnis von Lauten. Das gemeinsame Lesen mit Erwachsenen, Lieder und Gedichte fördern die Lesekompetenz.

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