Staatsphilosophien: Von der Natur des Menschen zum modernen Staat
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Die Natur des Menschen und die Gesellschaft: Hobbes und Rousseau
Thomas Hobbes: "Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf." Menschen leben in einem chaotischen Zustand, jeder getrieben von Selbstzentriertheit, steht in ständigem Kampf mit anderen. Dieser Zustand drängt sie zu einer Einigung, um eine starke Autorität aufzubauen. Nur ein starker Führer, der von allen frei gewählt wird und in der Lage ist, Gesetze zu erlassen, kann eine Gesellschaft ermöglichen, in der man in Frieden leben kann.
Jean-Jacques Rousseau: "Der natürliche Mensch ist allein." Er ist von Natur aus gut. Das Leben in der Gesellschaft ist möglich und positiv für die menschliche Entwicklung, wenn es in Form einer egalitären und nicht sehr zahlreichen Gemeinschaft aufgebaut ist. Doch die Entstehung von Privateigentum und Egoismus droht die Entwicklung der friedlichen Koexistenz aufzulösen und macht den Menschen durch diese Geselligkeit böse. Der Ausweg aus diesem Zustand wäre eine gerechte Gesellschaft, die auf der Zustimmung aller basiert und am Gemeinwohl orientiert ist.
Der liberale Rechtsstaat: Grundlagen und Entwicklung
Die erste Form des modernen Staates war die absolutistische Monarchie des Ancien Régime: Eine Regierungsform, in der der König den souveränen Willen repräsentierte und sein Wort Gesetz war, wie zum Beispiel unter Ludwig XVI. Die liberalen Revolutionen, die seit dem siebzehnten Jahrhundert stattfanden, führten zu einer neuen Mentalität. Auf diese Weise entstand das Konzept der Rechtsstaatlichkeit. Der Monarch steht nicht über dem Gesetz und kann zur Rechenschaft gezogen werden.
Montesquieu forderte die Gewaltenteilung (Exekutive, Legislative und Judikative). In der liberalen Tradition garantiert das gleiche Recht für alle die Freiheit, in der Menschen ohne Angst vor staatlichen Eingriffen oder unfairem Handeln agieren können.
Drei Prinzipien bilden die Grundlage der Rechtsordnung dieses modernen Staates; alle europäischen Gesellschaften haben diese Grundsätze verabschiedet:
- Grundsatz der Freiheit jedes Mitglieds der Gesellschaft (als Mensch).
- Grundsatz der Abhängigkeit aller von einer einzigen gemeinsamen Gesetzgebung (in Bezug auf die Untertanen).
- Grundsatz der Gleichheit aller Untertanen (als Bürger).
Zur Wahrung dieser Grundsätze, sagt Kant, sollte der Souverän im verfügenden Teil der Gesetze so handeln, als ob die Gesetze aus dem vereinten Willen des Volkes hervorgegangen wären. Das alte Regime endete mit der Bevormundung.
Die liberale Tradition und ihre Kernfunktionen
Die liberale Staatstradition entsteht aus dem Schutz der Freiheit und der individuellen Rechte. Der Ausgangspunkt des Liberalismus ist die Überzeugung, dass das Individuum den Kern des politischen Handelns bildet. Einzelpersonen sollen ihre Interessen in Übereinstimmung mit den Regeln des wirtschaftlichen Wettbewerbs und des freien Handels verfolgen können, ohne durch die öffentliche Gewalt dazu gezwungen zu werden. Die Politik ist nicht als Verfolgung des Gemeinwohls konzipiert, sondern als die Kunst des Ausgleichs unterschiedlicher Interessen. Die Frage ist, wie weit die Interessen von Staat und Individuum gehen können.
Die Kernfunktionen des liberalen Staates sind:
- Schutz des Lebens seiner Mitglieder.
- Aufrechterhaltung der Sicherheit.
- Reduzierung von Angst und Unsicherheit.
- Schaffung des zivilen Friedens.
- Gewährleistung des Rechts auf Eigentum.
- Erleichterung des Handels.
Vom liberalen Rechtsstaat zum demokratischen Verfassungsstaat
Die republikanische Tradition sieht den liberalen Staat als demokratischen Verfassungsstaat – das letzte rechtliche Bezugssystem, auf das sich ein Staat zur Legitimation berufen kann. Der Liberalismus versteht, dass zur Erreichung dieser Ziele der Staat eine Verfassung haben muss – ein System von Grundregeln, das die staatlichen Befugnisse begrenzt, um den Missbrauch durch die Herrschenden zu verhindern. Ein Beispiel für diese Regeln ist die Gewaltenteilung nach Montesquieu, die Unabhängigkeit und Kontrolle von Exekutive, Legislative und Judikative vorsieht.
Der liberale Rechtsstaat entwickelte sich zum liberalen und demokratischen Rechtsstaat, als erkannt wurde, dass das allgemeine Wahlrecht der am besten geeignete Mechanismus zur Kontrolle der öffentlichen Gewalt und zur Erreichung dieser Ziele ist. Man sollte Liberalismus nicht verwechseln: Liberalismus ist eine Form der Kontrolle politischer Macht, während Demokratie sich auf diejenigen bezieht, die diese politische Macht ausüben. Ein Beispiel für einen modernen liberalen Staat sind die Vereinigten Staaten.
Politische und wirtschaftliche Aspekte des Liberalismus
Liberalismus entstand als eine Verteidigung der Freiheit gegen den Absolutismus. Er entwickelte sich bald zu einer Lehre der wirtschaftlichen Organisation. Heute verwenden wir den Begriff des Wirtschaftsliberalismus als eine Lehre, die eine andere Bedeutung hat als ursprünglich.
Der politische Liberalismus
Der politische Liberalismus konzentriert sich auf die Idee, dass Menschen frei sein und ihren eigenen Vorlieben in religiösen, wirtschaftlichen und politischen Angelegenheiten folgen sollten, d.h. er fordert Grenzen und Kontrollen der staatlichen Macht. Er betont individuelle Rechte, die der Staat nicht zerstören kann.
Der Wirtschaftsliberalismus
Der Wirtschaftsliberalismus versteht den Markt als Mechanismus der sozialen Koordination. Die Aufgabe des Staates ist es, sicherzustellen, dass der Markt seine Funktion der Kosten- und Preisfindung sowie der Vorteilsverteilung erfüllen kann, ohne in ihn einzugreifen. Der Staat darf unter keinen Umständen in den Markt eingreifen. Hier ergibt sich jedoch ein Problem: Der Markt allein kann soziale Ungerechtigkeiten erzeugen, wie zum Beispiel ein Laib Brot für fünfzig Euro. Gerade aufgrund dieser Art von Problemen ergab sich die Notwendigkeit, einen Sozialstaat zu schaffen.
Wissenschaftlicher Sozialismus und Kommunismus
Lenin sah den liberalen Staat in erster Linie als Instrument der herrschenden Klasse. Die Ziele des Kommunismus wären folgende:
- Abschaffung des Marktes und Vergesellschaftung der Produktionsmittel.
- Abschaffung des Privateigentums und damit der sozialen Klassenunterschiede.
- Revolutionäre Zerstörung des Staates.
Reformistischer Sozialismus und Sozialdemokratie
Der reformistische Sozialismus, auch Sozialdemokratie genannt, schlägt ebenfalls eine Intervention des Staates vor, jedoch ohne dessen demokratische und liberale Grundlagen zu brechen. Die Ziele der Sozialdemokratie umfassen:
- Unterordnung des Marktes unter soziale Bedürfnisse.
- Kontrolle und Eingriffe in die Wirtschaft durch Einschränkung des Privateigentums.
- Soziale Verteilung der politischen Macht durch Stärkung des demokratischen Staates.