Stellvertretung: Grundlagen und Vollmacht
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Direkte Stellvertretung: Voraussetzungen
Die direkte Stellvertretung erfordert das Vorliegen von drei grundlegenden Voraussetzungen:
- Handeln im fremden Namen (Contemplatio Domini): Der Vertreter muss erkennbar im Namen des Vertretenen gegenüber Dritten handeln. Dies kann durch ausdrückliche Erklärung (z. B. durch Vorlage einer Vollmacht) oder durch schlüssiges Handeln geschehen, das nach Treu und Glauben und den Umständen darauf schließen lässt (z. B. wenn ein Angestellter für ein Unternehmen handelt).
- Handeln mit Vertretungsmacht: Der Vertreter benötigt die Befugnis, für den Vertretenen zu handeln. Diese Befugnis ergibt sich aus einer Vollmacht oder gesetzlicher Regelung.
- Handeln im Interesse des Vertretenen: Das Handeln des Vertreters muss von der Wahrung der Interessen und Erwartungen des Vertretenen geleitet sein.
Diese Voraussetzungen gelten grundsätzlich für alle Arten der Stellvertretung, wobei bestimmte Aspekte der Bevollmächtigung bei der direkten Stellvertretung besondere Bedeutung erlangen.
Grundlagen der Stellvertretung
In der Regel handeln Personen oder Unternehmen selbst. Manchmal ist dies jedoch aufgrund von Entfernung oder Zeitmangel nicht möglich oder sinnvoll. In solchen Fällen kann eine andere Person im Namen oder anstelle des Betroffenen handeln (Stellvertretung).
Personen, die nicht selbst handeln können (z. B. Minderjährige, Geschäftsunfähige), werden durch gesetzliche Vertreter in ihren Rechten und Pflichten vertreten.
Arten der Stellvertretung
Man unterscheidet hauptsächlich zwei Arten der Stellvertretung:
A. Freiwillige oder gewillkürte Stellvertretung
Diese basiert auf der Entscheidung des Vertretenen. Durch einen Akt der Privatautonomie (z. B. eine Vollmacht) ermächtigt eine Person eine andere, in ihrem Namen zu handeln. Der Vertretene könnte grundsätzlich auch selbst handeln. Der Wille des Vertreters ist hier vom Willen des Vertretenen (Vollmachtgebers) abhängig.
Bezugnehmend auf gesetzliche Regelungen (wie z. B. § 177 BGB) gilt: "Niemand kann im Namen eines anderen handeln, ohne von diesem dazu ermächtigt zu sein oder dessen gesetzlicher Vertreter zu sein."
B. Gesetzliche Vertretung
Diese dient dem Schutz von Personen, die ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln können (z. B. Minderjährige, Betreute). Die Vertretungsbefugnis ergibt sich direkt aus dem Gesetz (z. B. Eltern für ihre Kinder, Vormund, Betreuer). Der gesetzliche Vertreter handelt nicht primär nach dem Willen des Vertretenen, sondern im Rahmen seiner gesetzlichen Pflichten und Befugnisse zur Wahrung dessen Interessen. Der Vertreter handelt hier autonomer im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.
Vollmacht und Auftrag
Der Vertreter benötigt eine Vollmacht, um im Namen eines anderen handeln zu dürfen. Die Vollmacht ist die nach außen gerichtete Befugnis zur Vertretung.
Die Erteilung der Vollmacht ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Sie gibt dem Vertreter lediglich die Möglichkeit (das rechtliche Können), den Vollmachtgeber zu vertreten, aber keine Verpflichtung dazu.
Oft liegt der Vollmacht ein Auftrag (oder ein anderes Grundverhältnis, z. B. ein Dienstvertrag) zugrunde. Dies ist ein Vertrag zwischen dem Auftraggeber (Vertretenen) und dem Beauftragten (Vertreter), der das Innenverhältnis regelt. Durch den Auftrag wird der Beauftragte verpflichtet, für den Auftraggeber tätig zu werden. Die Vollmacht regelt das Außenverhältnis (das Handeln gegenüber Dritten), der Auftrag das Innenverhältnis (die Pflichten zwischen Vertreter und Vertretenem).
Arten von Vollmachten
- Spezialvollmacht: Ermächtigt den Vertreter nur zur Vornahme eines ganz bestimmten Geschäfts. Beispiel: Vollmacht zum Kauf eines bestimmten Hauses.
- Gattungsvollmacht: Ermächtigt zur Vornahme einer bestimmten Art von Geschäften. Beispiel: Vollmacht zum Einkauf von Waren.
- Generalvollmacht: Ermächtigt den Vertreter zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte, bei denen Vertretung zulässig ist.
Werden mehrere Personen bevollmächtigt, unterscheidet man:
- Einzelvertretungsmacht: Jeder Bevollmächtigte kann den Vollmachtgeber allein vertreten.
- Gesamtvertretungsmacht (Gesamtvollmacht): Die Bevollmächtigten können nur gemeinschaftlich handeln.
Die Vollmacht ist grundsätzlich frei widerruflich durch den Vollmachtgeber, es sei denn, sie wurde ausnahmsweise als unwiderruflich erteilt (was nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist).
Typische und atypische Verträge
Im Zusammenhang mit dem Grundverhältnis (z. B. dem Auftrag) ist die Unterscheidung relevant:
- Typische Verträge: Solche, die gesetzlich besonders geregelt sind (Nominatverträge). Beispiel: Kaufvertrag, Werkvertrag, Auftrag.
- Atypische Verträge: Verträge, die nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt sind und deren Inhalt sich aus der Privatautonomie der Parteien ergibt. Beispiel: Leasingvertrag, Franchisevertrag.