Systemansatz, Kybernetik und Allgemeine Systemtheorie
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Der Systemansatz: Philosophie und Methodik
Der Systemansatz ist vor allem eine Kombination aus Philosophie und allgemeiner Methodik, die eine wichtige Rolle bei der Planung und Gestaltung spielt. Die Analyse basiert auf einem interdisziplinären Ansatz, der Fähigkeiten und Kenntnisse aus verschiedenen Bereichen integriert, insbesondere bei der Planung und Gestaltung komplexer und umfangreicher Systeme, die spezifische Funktionen erfüllen.
Merkmale des Systemansatzes
- Interdisziplinär
- Qualitativ und quantitativ
- Organisiert
- Kreativ
- Theoretisch
- Empirisch
- Pragmatisch
Der Systemansatz konzentriert sich stets auf die übergeordneten Ziele. Daher ist es entscheidend, die Systemziele zunächst klar zu definieren und diese im Verlauf der Entwicklung kontinuierlich zu überprüfen und gegebenenfalls neu anzupassen.
Nutzen und Anwendungsbereich des Systemansatzes
Er kann bei der Untersuchung von Organisationen, verschiedenen Institutionen und Einrichtungen eingesetzt werden. Eine inter- und transdisziplinäre Sichtweise hilft dabei, die Fähigkeit eines Unternehmens umfassend zu analysieren und zu verstehen, um organisatorische Probleme, ihre vielfältigen Ursachen und Folgen mit größerer Klarheit und Tiefe zu erkennen. Indem man die Organisation als ein integriertes Ganzes betrachtet, dessen Teile durch eine Struktur miteinander verbunden sind, die sich in einem bestimmten Umfeld entwickelt, können Probleme und Veränderungsprozesse in einem erforderlichen Umfang umfassend erkannt werden. Dies umfasst die menschliche Ebene, Ressourcen und Prozesse, die notwendig sind, um nachhaltiges Wachstum und Entwicklung innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu gewährleisten.
Systemischer vs. Traditioneller Ansatz
Aus systemischer Perspektive nähert sich die Realität, die der Betrachter wahrnimmt, dieser Disziplin. Sie basiert auf einer engen Relation zwischen dem Beobachter und dem beobachteten Objekt. Die „Realität“ ist somit das Produkt eines Ko-Konstruktionsprozesses zwischen beiden in einem bestimmten Raum und zu einer bestimmten Zeit. Die Realität ist nicht mehr etwas Externes und für alle Gemeinsames, wie es der traditionelle Ansatz vorschlägt, sondern wird zu etwas Persönlichem und Speziellem. Es wird klar zwischen der realen Welt und der Realität unterschieden, die jeder Beobachter für sich selbst wahrnimmt.
Die Konsequenz dieser systemischen, phänomenologischen und hermeneutischen Perspektive ermöglicht es, die Organisation nicht mehr als ein Gebilde mit einem vorbestimmten Zweck (von jemandem) zu sehen, wie es die traditionelle Regelung vorschlägt. Vielmehr kann die Organisation verschiedene Zwecke haben, abhängig von den Beteiligten, dem Kontext und der Vielfalt der Interpretationen, die entstehen. Diese Visionen werden von den Interessen und Werten der Beteiligten konditioniert und konzentrieren sich nicht nur auf ein gemeinsames Interesse am Überleben der Organisation.
Kybernetik
Die Kybernetik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich mit Kommunikations- und Steuerungssystemen in lebenden Organismen, Maschinen und Organisationen befasst. Sie entstand an der Schnittstelle von Ingenieurwissenschaften, Biologie, Mathematik und Logik und untersucht jedes Wesen, das sich wie ein Lebewesen verhält. Der Begriff Kybernetik stammt aus dem Griechischen (κυβερνήτης, „Steuermann“ oder „Statthalter“) und wurde erstmals 1948 vom US-amerikanischen Mathematiker Norbert Wiener auf die Theorie der Kontrollmechanismen angewandt.
Die Kybernetik entwickelte Forschungstechniken, mit denen Informationen in gewünschte Aktionen umgewandelt werden. Diese Wissenschaft entstand aus den Bedenken während des Zweiten Weltkriegs, die zur Entwicklung sogenannter elektronischer Gehirne und automatischer Kontrollmechanismen für militärische Ausrüstung, wie beispielsweise zur Zielerfassung bei Bombardierungen, führten.
Die Kybernetik findet auch Anwendung in der Psychologie, Künstlichen Intelligenz, bei Servomechanismen, in der Wirtschaft, Neurophysiologie, im Systems Engineering und bei sozialen Systemen.
Allgemeine Systemtheorie (AST)
Die Allgemeine Systemtheorie (AST) wurde von Ludwig von Bertalanffy in den späten 1920er/1930er Jahren entwickelt. Sie ist eine Theorie allgemeiner Prinzipien, die für Systeme im Allgemeinen gelten. Die AST versucht nicht, spezifische Probleme und praktische Lösungen zu finden, sondern liefert Theorien und begriffliche Formulierungen, die die Voraussetzungen für die Anwendung in der empirischen Realität schaffen.
Hauptziele der Allgemeinen Systemtheorie nach Bertalanffy
- Förderung der Integration in der wissenschaftlichen Bildung.
- Entwicklung von Prinzipien, die eine vertikale Vereinheitlichung durch das Universum der einzelnen Wissenschaften ermöglichen.
- Fokus auf die Aufstellung einer allgemeinen Systemtheorie.
- Allgemeine Tendenz zur Integration in den verschiedenen Wissenschaften, sowohl Natur- als auch Gesellschaftswissenschaften.
- Ein wichtiger Weg, um präzise Theorien in den nicht-physischen Bereichen der Wissenschaft zu entwickeln.
Erkenntnistheoretische Grundlagen der AST
Nach Bertalanffy (1976) kann man von einer Philosophie der Systeme sprechen, da eine wissenschaftliche Theorie stets starke metaphysische Aspekte besitzt. Der Autor stellt fest, dass „Theorie“ nicht im engeren, d.h. mathematischen Sinne zu verstehen ist, sondern das Wort Theorie der Definition und der Idee des Kuhn'schen Paradigmas näherkommt. Die Philosophie der Systeme unterscheidet sich in System-Ontologie, System-Erkenntnistheorie und System-Wertsysteme.
System-Ontologie
Die Ontologie befasst sich mit der Definition eines Systems und dem Verständnis, wie Systeme auf verschiedenen Ebenen in der Welt der Beobachtung existieren. Das heißt, die Ontologie beschäftigt sich mit Problemen wie der Unterscheidung zwischen einem realen System und einem konzeptuellen System. Reale Systeme sind zum Beispiel Galaxien, Hunde, Zellen und Atome. Konzeptuelle Systeme sind Logik, Mathematik, Musik und allgemein alle symbolischen Konstruktionen. Bertalanffy versteht die Wissenschaft als ein Subsystem des Konzeptuellen, definiert als abstrahiert, d.h. ein konzeptuelles System, das der Wirklichkeit entspricht. Er stellt fest, dass die Unterscheidung zwischen realen und begrifflichen Systemen Gegenstand einer Debatte ist und daher nicht als starr angesehen werden sollte.
System-Erkenntnistheorie
Die System-Erkenntnistheorie befasst sich mit der Abgrenzung der AST vom Positivismus oder logischen Empirismus. Bertalanffy sagt über sich selbst: „In der Philosophie folgte die Gründung des Autors der Tradition des Neopositivismus der Moritz-Schlick-Gruppe, später bekannt als ‚Wiener Kreis‘. Doch sein Interesse an der deutschen Mystik, Spenglers historischem Relativismus und der Kunstgeschichte, zusammen mit anderen nicht-orthodoxen Haltungen, hinderte ihn daran, ein reiner Positivist zu werden. Er pflegte engere Beziehungen zur Berliner Gruppe der Gesellschaft für empirische Philosophie in den Zwanzigerjahren, wo Persönlichkeiten wie der Philosoph Hans Reichenbach, der Physiker, Psychologe und Ingenieur A. Herzberg-Parseval (Erfinder des lenkbaren Luftschiffs) herausragten.“ Bertalanffy wies darauf hin, dass die Erkenntnistheorie des logischen Positivismus atomistisch und physikalistisch ist. Physikalistisch in dem Sinne, dass die Sprache der Physik als einzige Sprache der Wissenschaft und somit die Physik als einziges Modell der Wissenschaft angesehen wird. Atomistisch in dem Sinne, dass man die letzten Gründe, auf denen Wissen aufgebaut werden soll, als unzweifelhaft ansieht. Auch teilt die AST keine unidirektionale lineare Kausalität, die These, dass die Wahrnehmung ein Spiegelbild der wirklichen Dinge ist oder dass Wissen eine Annäherung an die Wahrheit oder Realität darstellt. Bertalanffy stellt fest: „[Die Realität] ist eine Interaktion zwischen Wissendem und Bekanntem, abhängig von mehreren biologischen, psychologischen, kulturellen, sprachlichen usw. Faktoren. Die eigene Physik lehrt uns, dass es letztlich keine Entitäten wie Blutkörperchen oder Wellen gibt, die unabhängig vom Beobachter existieren. Dies führt zu einer Philosophie der ‚Perspektiven‘, in der wir die Leistungen der Physik in ihrem Bereich anerkennen, aber auch in anderen Bereichen, da sie nicht das Monopol des Wissens besitzt. Gegenüber dem Reduktionismus und den Theorien, die besagen, dass die Wirklichkeit ‚nichts anderes als‘ (viele physikalische Teilchen, Gene, Reflexe, Triebe oder was auch immer) ist, sehen wir die Wissenschaft als eine der ‚Perspektiven‘, die der Mensch mit seiner biologischen, kulturellen und sprachlichen Vielfalt geschaffen hat, um mit dem Universum umzugehen, in das er ‚geworfen‘ wurde oder das vielmehr durch Evolution und Geschichte angepasst wurde.“
System-Wertsysteme
Die System-Wertsysteme befassen sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Welt. Bertalanffy wies darauf hin, dass sich das Bild des Menschen unterscheidet, je nachdem, ob man die Welt als zufällige Ansammlung physikalischer Teilchen oder als symbolische Hierarchie versteht. Die AST übernimmt keine dieser Weltanschauungen, sondern entscheidet sich für eine heuristische Betrachtungsweise.
Schließlich erkannte Bertalanffy, dass die Systemtheorie eine Reihe von Ansätzen umfasst, die sich in Art und Zweck unterscheiden. Dazu gehören die Mengenlehre (Mesarović), die Netzwerktheorie (Rapoport), die Kybernetik (Wiener), die Informationstheorie (Shannon und Weaver), die Automatentheorie (Turing) und die Spieltheorie (von Neumann), unter anderem. Daher müssen in der Praxis der Systemanalyse verschiedene Modelle je nach Art der Sache und operationellen Kriterien angewendet werden, obwohl einige Konzepte, Modelle und Prinzipien der AST – wie Hierarchie, fortschreitende Differenzierung, Feedback usw. – im Großen und Ganzen für materielle, psychologische und soziokulturelle Systeme gelten.
Informationstheorie
Die Informationstheorie befasst sich mit den mathematischen Gesetzen zur Übermittlung und Verarbeitung von Informationen. Genauer gesagt, sie beschäftigt sich mit der Messung von Information, deren Darstellung (z.B. Kodierung) und der Kapazität von Kommunikationssystemen zur Übertragung und Verarbeitung.
Kodierung kann sich sowohl auf die Sprach- und Bildverarbeitung elektrischer oder elektromagnetischer Signale beziehen als auch auf die Verschlüsselung von Nachrichten, um deren Vertraulichkeit zu gewährleisten.
Die Informationstheorie wurde ursprünglich 1948 vom amerikanischen Elektroingenieur Claude E. Shannon in seinem Artikel „A Mathematical Theory of Communication“ (Eine mathematische Theorie der Kommunikation) entwickelt. Die Notwendigkeit einer theoretischen Grundlage für die Kommunikationstechnologie ergab sich aus der gestiegenen Komplexität und dem Umfang von Kommunikationsmitteln wie Telefonen, Fernschreibernetzwerken und Funkkommunikationssystemen.