Thomas von Aquin: Leben, Werk und Philosophie

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Leben und Werk von Thomas von Aquin

Thomas von Aquin gilt als einer der bedeutendsten Philosophen und Theologen der scholastischen Philosophie. Seine Werke, darunter die Summa Contra Gentiles und insbesondere die Summa Theologiae, umfassen Modelle aller philosophischen Gattungen seiner Zeit. Sein Werk lässt sich in folgende Kategorien unterteilen:

  • Kommentare: Englische Bücher, die Interpretationen und Kritiken enthalten.
  • Disputationes: Polemische Schriften, in denen er seine Gegner widerlegte.
  • Summen: Zusammenfassungen seiner Lehren.

Der lateinische Averroismus und die Anpassung des Aristoteles

Die Anpassung von Aristoteles' Philosophie an das Christentum war komplexer als bei Platon. Insbesondere zwei aristotelische Konzepte standen im Konflikt mit der christlichen Lehre:

  • Ewigkeit der Welt: Aristoteles vertrat die Ansicht, dass die Welt ewig sei, also ohne Anfang und Ende. Dies widerspricht der christlichen Vorstellung von der Schöpfung der Welt durch Gott in der Zeit.
  • Unsterblichkeit der individuellen Seele: Für Aristoteles war die Seele das Lebensprinzip des Körpers. Starb der Körper, hörte auch die Seele auf zu existieren. Dies stand im Gegensatz zur christlichen Lehre von der unsterblichen Seele.

Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft wurde von den lateinischen Averroisten durch die Entwicklung der Theorie der doppelten Wahrheit zu lösen versucht.

Die Theorie der doppelten Wahrheit

Diese Theorie besagt, dass es zwei Arten von Wahrheit gibt: die Wahrheit des Glaubens (z. B. die Schöpfung der Welt) und die Wahrheit der Vernunft (z. B. die Ewigkeit der Welt). Beide Wahrheiten sind in ihren jeweiligen Bereichen absolut wahr, aber voneinander getrennt.

Die Beziehung zwischen Vernunft und Glaube wird wie folgt gesehen:

  • Artikel des Glaubens: Wahrheiten, die von Gott offenbart und für die menschliche Vernunft unverständlich sind.
  • Präambeln des Glaubens: Wahrheiten, die von Gott offenbart, aber auch rational nachgewiesen werden können.
  • Rationale Wahrheiten: Wahrheiten über die natürliche Welt, die nicht Teil der göttlichen Offenbarung sind und daher vollständig der Vernunft zugänglich sind.

Bei Meinungsverschiedenheiten oder Widersprüchen zwischen Vernunft und Glaube liegt der Fehler immer bei der Vernunft, da der Glaube als von Gott offenbart unfehlbar gilt. Daher ist die Vernunft dem Glauben untergeordnet.

Der Aristotelismus des Thomas von Aquin

Thomas von Aquin passte die aristotelische Philosophie an und integrierte sie in seine Lehren. Die Hauptthesen, die er aus dem Aristotelismus übernahm, sind:

1. In Bezug auf Realität und Natur:

  • Theorie der Bewegung
  • Hylemorphismus (Lehre von Stoff und Form)
  • Unterscheidung zwischen Substanz und Akzidenz
  • Theorie der vier Ursachen: materielle, formale, wirkende und finale Ursache

2. In Bezug auf die Theologie:

  • Beweis der Existenz Gottes durch die Bewegung
  • Gottes Vorstellung als reiner Akt

3. In Bezug auf die Anthropologie:

  • Der Mensch als wesentliche Einheit von Leib und Seele

4. In Bezug auf die Ethik:

  • Das höchste Ziel des Menschen ist das Glück

Beweise für die Existenz Gottes

Thomas von Aquin entwickelte fünf Wege (die sogenannten Quinque Viae), um die Existenz Gottes zu beweisen. Diese basieren auf der Beobachtung der Welt und der Anwendung des Kausalitätsprinzips:

  1. Feststellung einer Erfahrungstatsache.
  2. Erkenntnis des Kausalitätsprinzips.
  3. Unmöglichkeit einer unendlichen Ursachenkette.
  4. Schlussfolgerung auf eine erste Ursache, die selbst unverursacht ist.

Diese Argumentationsstruktur wird auf fünf verschiedene Erfahrungen angewendet:

  • Analyse der Kosmologie (Bewegung)
  • Kausale Beweise
  • Beweis der Beziehung zwischen dem Möglichen und dem Notwendigen
  • Beweis der Stufen der Vollkommenheit
  • Beweis der Lenkung der Dinge

Erkenntnistheorie des Thomismus (Gnoscologia Thomistica)

Der Thomismus konzentriert sich auf das Wissen über das allgemeine Wesen und universelle Konzepte, bereinigt um individuelle Merkmale. Es werden drei Arten von Universalien unterschieden:

  • Ante rem: Ideen im göttlichen Geist.
  • In re: Die Art (Essenz) der Dinge selbst.
  • Post rem: Das Konzept im menschlichen Geist.

Der Erkenntnisprozess umfasst folgende Schritte:

  1. Wahrnehmung
  2. Abstraktion
  3. Aktualisierung
  4. Individualisierung

Anthropologie des Thomismus

Die Seele wird als die Form und Tätigkeit des Körpers betrachtet. Die Seele hat drei Hauptfunktionen:

  • Vegetative Funktionen: Ernährung und Wachstum.
  • Animalische Funktionen: Bewegung und Empfindung.
  • Geistige Funktionen: Verstand und Wille.

Ethik und Politik im Thomismus

Die Ethik des Thomas von Aquin ist teleologisch (zielgerichtet). Seine Ethik basiert auf drei Arten von Gesetzen:

1. Naturrecht:

Das höchste Ziel des Menschen ist die Seligkeit oder übernatürliche Glückseligkeit. Die grundlegenden Inhalte des Naturrechts sind:

  • Der Mensch hat die Tendenz, sein Leben zu erhalten.
  • Der Mensch hat die Tendenz, sich fortzupflanzen.
  • Der Mensch hat die Tendenz, die Wahrheit zu erkennen und in Gemeinschaft zu leben.

2. Positives Recht (Menschliches Recht):

Es ist eine Erweiterung des Naturrechts, die dessen Entwicklung unterstützt und niemals im Widerspruch zu ihm stehen darf.

3. Ewiges Gesetz:

Es ist die göttliche Lenkung der gesamten Schöpfung.

4. Göttliches Gesetz:

Es ist das von Gott offenbarten Gesetz, wie die Zehn Gebote.

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