Thomas von Aquins Philosophie: Glaube, Vernunft & Mensch

Classified in Philosophie und Ethik

Written at on Deutsch with a size of 3,46 KB.

Grundgedanken

Thomas von Aquin versuchte, wie andere mittelalterliche Philosophen, christliche Lehren mit philosophischen Erkenntnissen zu verbinden und ein organisiertes System zu schaffen, das alle Elemente vereint. Die Grundlage dieses Systems ist Gott. Thomas argumentierte jedoch, dass die geoffenbarte Wahrheit (Glaube) allein nicht ausreicht, sondern durch Vernunft und Beweise ergänzt werden muss.

Vernunft und Glaube

Thomas von Aquin erkennt die Legitimität von Philosophie und Theologie als eigenständige Wissenschaften an. Sie haben unterschiedliche Gegenstandsbereiche und Methoden. Es gibt jedoch Überschneidungsbereiche, wie die Unsterblichkeit der Seele oder die Existenz Gottes, die beide Disziplinen untersuchen. In diesen Bereichen kann der Glaube als negatives, extrinsisches Kriterium für die Vernunft dienen: Gelangt die Vernunft zu Schlussfolgerungen, die den Glaubensdogmen widersprechen, müssen diese Schlussfolgerungen überprüft und korrigiert werden. Dies ist laut Thomas die einzig zulässige Einmischung des Glaubens in den Bereich der Vernunft – sie betrifft die Bewertung der Ergebnisse, nicht den rationalen Prozess selbst. So wird die Autonomie der Vernunft einerseits und die Unfehlbarkeit der Dogmen andererseits gewährleistet.

Menschenbild (Anthropologie)

Thomas von Aquin begreift den Menschen als eine Einheit aus Körper und Seele. Die Seele ist rational und spirituell; sie macht den Menschen zum wichtigsten Geschöpf und zum Ebenbild Gottes. Gott erschafft jede Seele individuell. Körper und Seele bilden eine substanzielle Einheit, wobei Thomas hier der hylemorphistischen Theorie des Aristoteles (Materie und Form) folgt. Der menschliche Geist (Intellekt) ist Teil der immateriellen Seele, aber für die Erkenntnis auf den materiellen Körper angewiesen. Thomas unterscheidet zwischen:

  • Verstand (intellectus agens): Die Fähigkeit zur Abstraktion und Verallgemeinerung.
  • Verständnis (intellectus possibilis): Die Fähigkeit, das Universelle zu erkennen.

Beide sind Fähigkeiten der unsterblichen Einzelseele.

Erkenntnistheorie

Alles Wissen beginnt bei den Sinnen. Die Sinnesdaten, die wir aufnehmen, beziehen sich immer auf konkrete Einzeldinge. Die eigentliche intellektuelle Erkenntnis erfasst jedoch das Universelle (Allgemeine). Der Intellekt entwickelt aus den sinnlichen Wahrnehmungen universelle Begriffe. Dieser Prozess wird als Abstraktion bezeichnet:

  1. Die Sinnesorgane nehmen äußere Objekte wahr.
  2. Die Wahrnehmung erzeugt ein sinnliches Bild (Phantasma) im Gedächtnis.
  3. Der tätige Verstand (intellectus agens) abstrahiert von diesem Bild die individuellen Merkmale und behält nur die universelle oder allgemeine Form (die species intelligibilis).
  4. Der mögliche Verstand (intellectus possibilis) erkennt diese allgemeine Form und somit das Universelle.

Das Universelle existiert nicht als eigenständige Entität, sondern ist das, was allen Individuen einer Art gemeinsam ist und in ihnen realisiert wird. Die Individualität der Dinge wird durch die Materie bestimmt, nicht durch die (universelle) Form.

Entradas relacionadas: