Der Träumer: Bildanalyse von Caspar David Friedrichs Werk
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Caspar David Friedrichs Gemälde "Der Träumer": Eine Bildanalyse
**Bildbeschreibung und -analyse**
Auf dem Bild „Der Träumer“ von Caspar David Friedrich ist eine alte, mit Moos und kleinen Sträuchern überwucherte Ruine zu sehen. Im Mittelpunkt des Bildes befindet sich ein großer Fensterbogen, in dem eine Figur sitzt, die in die Ferne blickt. Die Ruine scheint auf einem Berg zu stehen, wobei von der Umgebung nur der rote Abendhimmel und einige Bäume zu sehen sind.
**Bildkomposition und Raumtiefe**
Das Bild besteht aus einem Vorder- und einem Hintergrund, wodurch ein Mittelgrund fehlt. Die Fensterwand mit der Figur rückt dadurch weiter ins Bild hinein und bildet einen gefühlten Mittelgrund. Die Fensterwand selbst erzeugt zusätzliche Raumtiefe. Der Hintergrund, der nur aus einem Abendhimmel und einigen Baumkronen besteht, verstärkt diesen Effekt. Man gewinnt den Eindruck, die Fensterwand stehe auf einem hohen Berg und man könne von hier weit in die Ferne schauen.
Die Figur ist, ähnlich wie in Friedrichs Bild „Der Mönch am Meer“, nicht auf der Mittelsenkrechten platziert. Durch die Symmetrie des Fensterbogens und der beiden Mauerteile rechts und links vom Fenster wirkt die Figur wie ein Fremdkörper.
**Farbe und Licht in "Der Träumer"**
Das Bild ist in warmen, erdigen Farben gemalt, die an einen sonnigen Abend im Spätsommer oder Herbst erinnern. Der Vordergrund besteht fast nur aus Brauntönen, während der Hintergrund einen Sonnenuntergang zeigt und sich von Blau über Rot und Orange zu Gelb staffelt. Der Farbübergang ist fließend.
Da die Sonne nicht mehr zu sehen ist und nach den Farben des Himmels zu urteilen gerade untergegangen sein müsste, befindet sich die Lichtquelle in der Mitte des Bildhintergrundes. Hier ist das Gelb am hellsten und geht fast in ein Weiß über.
**Maltechnik und surrealer Charakter**
Durch die Bildkomposition, vor allem aber durch die Farbe und das Licht, erhält das Bild einen starken surrealen Charakter, der es von anderen Bildern Friedrichs unterscheidet.
**Interpretation des Gemäldes**
Schon der Titel „Der Träumer“ legt eine traumhafte Deutung nahe. Friedrichs Bilder sind gemalte Träume. Wie ein Traum verwendet auch er uns bekannte Symbole und Objekte, setzt diese aber neu zusammen und erschafft so schwebende, nicht greifbare Wirklichkeiten.
Auch die dargestellte Situation passt zu dieser Deutung. Ein Mann sitzt alleine in der Stille einer alten Klosterruine und schaut in die Ferne, während die Sonne untergeht – ein Symbol für sein eigenes Leben, das sich dem Ende zuneigt. Mit dem Blick in die Ferne denkt der Mann über sein Leben nach.
Das helle Licht durchflutet den Körper und lässt ihn eins werden mit dem großen Fluss, der ihn umgibt. Die Wirkung als Traumsequenz hebt das Bild in eine stille Ferne. Die gesamte Situation ist in ein warmes Licht gehüllt, das Harmonie und Frieden vermittelt.
Der Mann hat akzeptiert, dass er diesen Schmerz niemals akzeptieren können wird und überwindet ihn dadurch. Alles, was wir sind und was uns umgibt, ist das Licht der Sonne, was einst ein Sonnenstrahl war und bald auch wieder Licht sein wird.
Er floh in die Einsamkeit, um sie zu überwinden. Er wollte nicht getrennt sein von dem großen Ganzen, der göttlichen Schönheit, die ihn umgab, schaffte es aber nie, diese Grenze des Ich-Bewusstseins zu überwinden. Erst am Ende seines Lebens akzeptierte er diesen Schmerz als Teil seiner Existenz. Er bekämpft diese Mauern nicht mehr, sondern lässt sie ebenfalls Teil des großen Ganzen werden, wo sie sich still und leise im ewigen Licht auflösen.