Der ungläubige Thomas: Meisterwerk im Kreuzgang von Silos
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Die monumentale Skulptur „Thomas des Zweifels“ im Kreuzgang des Klosters Santo Domingo de Silos in Burgos ist ein herausragendes Beispiel romanischer Kunst. Santo Domingo de Silos und Moissac, fast zeitgleich entstanden, waren die ersten, die architektonische Elemente eines mehrstöckigen Kreuzgangs mit reicher Ikonografie trugen. Das Relief „Die Zweifel des Thomas“ ist eines der schönsten an den Innenseiten der Säulen des Kreuzgangs von Santo Domingo.
Allgemeine Informationen zum Relief
- Thema: Der ungläubige Thomas
- Autor: Unbekannt
- Entstehungszeit: Um 1130 n. Chr.
- Stil: Romanisch
- Technik: Reliefschnitzerei
- Maße: 1,8 m (Höhe) x 1 m (Breite)
- Originaler und aktueller Standort: Kreuzgang des Klosters Santo Domingo de Silos (Burgos)
Komposition und Darstellung
Das Relief „Der ungläubige Thomas“ zeigt einen originellen kompositorischen Ansatz: Christus steht im Zentrum der Komposition, ist jedoch leicht nach links versetzt. Dennoch bleibt er der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, da die meisten Apostel auf ihn blicken. Sein rechter Arm ist erhoben, um dem ungläubigen Thomas seine Wunden zu zeigen. Diese Geste durchbricht die Homogenität der Komposition und lenkt den Blick des Betrachters.
Der allgemeine Ansatz entspricht den Anforderungen dieser Art romanischer Skulptur:
- Erstens befinden sich alle Figuren, mit Ausnahme Jesu, auf gleicher Höhe, dank der ausgeklügelten Anordnung in drei übereinanderliegenden Friesen mit gleich großen Figuren.
- Zweitens bildet ein geometrischer Raum, definiert durch den Bogen, der auf zwei feinen Säulen mit korinthischen Kapitellen ruht, eine inspirierende Kulisse.
- Drittens passen sich die Figuren dem architektonischen Rahmen an, und die Gestalt Christi ist, in Übereinstimmung mit der traditionellen Hierarchie, größer als die der anderen.
Die durch den erhobenen Arm Jesu eingeleitete Geste wird durch die Geste des heiligen Thomas vollendet, der die Wunde mit seinem Finger berührt. Die geistige Verwirrung der Apostel zeigt sich in den unnatürlichen Positionen ihrer Beine und der vielfältigen Haltung ihrer Hände. Diese Merkmale stehen im Gegensatz zur sonst üblichen starren Haltung (Hieratismus) der romanischen Kunst.
Technische Ausführung und Stilmerkmale
In technischer Hinsicht beeindruckt dieses Relief durch die Feinheit der Schnitzerei, die flache und perfekte Ausführung, die an exquisite Elfenbeinarbeiten der Zeit erinnert und byzantinische sowie mozarabische Einflüsse erkennen lässt. Die Figuren zeigen elegante und schlanke Proportionen sowie gerundete Volumina. Die Kleidung schmiegt sich durch sanfte, oberflächliche Schnitte an den Körper an und modelliert ihn, wobei die Falten subtile Licht- und Schattenkontraste erzeugen.
Inhaltliche Darstellung: Die biblische Szene
Die Szene basiert auf der biblischen Geschichte von Jesu Begegnung mit Thomas:
Die Jünger sagten zu Thomas: „Wir haben den Herrn gesehen.“ Er aber antwortete ihnen: „Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sehe und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ [...] Als die Türen verschlossen waren, kam Jesus [...]. Dann sagte er zu Thomas: „Streck deinen Finger her und sieh meine Hände an; streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite. Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Thomas antwortete: „Mein Herr und mein Gott!“ Jesus sagte zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“
Die Bedeutung der Kapitelle im Kreuzgang
Der Kern des ikonografischen Programms liegt in den Reliefs der Säulen, doch auch die Kapitelle des Kreuzgangs sind von großem Wert. Das ausgewogene Verhältnis von Doppelsäulen und Kapitellen bildet zusammen mit den Manschettenknöpfen und einem gemeinsamen Gesims eine Einheit. Diese sind reich mit einer Vielzahl von Formen wie Ranken, Vegetation und fantastischen Tieren verziert, die byzantinische Einflüsse erkennen lassen. Der minutiöse Rhythmus und die außergewöhnliche Sensibilität deuten auf die Nähe zu arabischen Handwerkstechniken hin. Das Verständnis der Kapitelle ist für Historiker oft schwer zu entschlüsseln, aber die Themen sind leicht zugänglich.