Venus-Darstellungen: Carracci, Tizian, Rubens, Velázquez
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Venus mit Satyr und Cupido, Annibale Carracci (1588)
Das Gemälde befindet sich in Venedig (Einfluss venezianischer Meister). Aus kompositorischer Sicht ist die Komposition manieriert. Das Bett im Vordergrund, auf dem Venus ruht und sich dreht, scheint die Szene in unseren Raum fortzusetzen. Diese 'Nahaufnahme' im Vordergrund, typisch für den Manierismus, ermöglicht es uns, uns auf den nackten Körper der Venus zu konzentrieren.
Hier zeigen sich Widersprüche: Obwohl es sich um ein mythologisches Gemälde handelt, das oft eine moralisierende Absicht hat, sehen wir hier den Einfluss der venezianischen Welt: Die Figur im Vordergrund wird völlig nackt gezeigt, um uns die Sinnlichkeit des weiblichen Körpers zu präsentieren – ganz im venezianischen Stil. In Venedig sah man Nahaufnahmen nackter Körper, die stark im Fokus standen.
Es gibt einen Kontrast zwischen der Schönheit des nackten Körpers der Venus und der Hässlichkeit des Satyrs sowie dem Hintergrund (Hell-Dunkel-Kontrast). Diese Darstellung steht in Bezug zu Tizians 'Diana und Callisto' (1556-1559) sowie 'Diana und Aktäon', die Philipp II. anlässlich seiner Hochzeit mit Maria Tudor geschenkt wurden. So verblieben sie in England und gelangten später in Museen.
Einfluss von Correggio
Ein weiteres mögliches Vorbild könnte Correggio gewesen sein. Man beachte auch die Haare, die oft in klaren, geflochtenen Bändern arrangiert sind, in die Perlen und Edelsteine eingeflochten sind – ein Zeichen der Luxuswelt. Die Bedeutung von Ohrringen, Armbändern, Schmuck etc. ist hervorzuheben. Die Körper sind realistisch dargestellt. Der Geschmack des Malers spiegelt sich wider. Ihre Körper sind füllig und natürlich.
Correggio: Jupiter und Io
Zeus verwandelt sich in eine Wolke und nähert sich der Nymphe Io. Wir sehen sie nackt in einer ähnlichen Pose wie zuvor, was auch als Vorbild für Tizians 'Venus und Adonis' gedient haben könnte. Auch Io's Körper ist realistisch dargestellt.
Carraccis Komposition und Licht
Carraccis Figur liegt auf einem Bett, das mit einem roten Seidentuch bedeckt ist – eine Farbe, die Tizian routinemäßig in seinen Venus-Darstellungen verwendete, da sie Wärme spendet. So erhält diese menschliche Gestalt mehr Leben. Um mehr Licht zu erzeugen, ist sie in ein weißes Laken gehüllt. So wird Licht und Leben um den weiblichen Körper herum gesucht.
Einfluss Tizians
Betrachtet man Tizians Werke, sieht man die Kombination von Rot und Weiß. Man beachte auch bei Tizian den Wandteppich als Baldachin, der die Szene abschließt – dies konzentriert die Szene, ähnlich charakteristischen Elementen des Barock. Man sieht auch, wie die Bereiche an den Seiten geschlossen sind, was die Perspektive zum Horizont hin markiert.
Carraccis Komposition
Bei Carracci finden wir eine Komposition, die geschlossen wirkt. Nichts ragt heraus. Ein weiterer Amor, der sich an sein Bein klammert und die Zunge herausstreckt, fügt eine menschliche oder natürliche Note hinzu. Dieses Element, das bei den Venezianern auftaucht und im Barock besonders häufig ist, schafft eine Verbindung zum Betrachter.
Kompositionsschichten: eine erste Diagonalebene des Lichts, ein dunkler Hintergrund und ein noch dunklerer Bereich dahinter.
Die Figur des Satyrs
Die Figur des Satyrs ist ebenfalls sehr naturalistisch dargestellt. Er hält eine Schale mit Trauben, was auf die Freuden des Lebens hinweist. Die Schale ist aus geprägtem Silber – Künstler stellten kleinste Details dar.
Annibale Carracci: Die Toilette der Venus (1594)
Steht im Zusammenhang mit Tizian, insbesondere in der Behandlung des Spiegels. Tizians Gemälde ist kompositorisch manieristischer. Dahinter gibt es kein Licht.
Was bei Carracci zuerst auffällt, ist der Körper der Venus, der nichts mit der Schönheit Venedigs zu tun hat, da er den Einfluss Roms (1594-1595) zeigt. Die manieristische Malerei war 'offiziell'. Bei der Ankunft in Rom musste er sich an eine andere Art der Malerei anpassen. Die begleitenden Figuren bleiben venezianisch geprägt. Aber die Figur der Venus ist römisch geprägt: winziger Kopf mit einem riesigen Körper, über alle Maßen, da dies dem Kanon des Manierismus entspricht.
Darüber hinaus wirkt der Körper männlich, hat keine ausgeprägten Kurven, ist trockener und härter. Eine andere Ästhetik. In Rom war es schwieriger, natürliche Modelle zu verwenden, daher wurden junge Kinder eingesetzt.
Das Licht ist viel kälter, der untere Bereich ist dunkel. Die Skyline ist durch ein sehr helles Licht zu sehen. Der Stoff ist blau, kalt, hart. Das Licht auf der weißen Göttin und der Fokus darauf machen es noch kühler. Es ist, als ob die Göttin in den Spiegel schaut.
Wir sehen Amor im Vordergrund, der mit den Juwelen der Venus spielt, die aus Venedig stammen. Im Vordergrund steht eine Kiste, aus der das Kind Halsketten nimmt. Die Perle ist etwas, das wir immer mit Venedig verbinden. Wir sehen hier ein sehr menschliches und natürliches Bild.
Der Körper der Venus markiert eine Diagonale, die im Gegensatz dazu in die entgegengesetzte Richtung verläuft und den Blick zum Boden lenkt.
Einfluss von Tizian auf Carracci und Rubens
Tizian beeinflusste Carracci einerseits und Rubens andererseits. Rubens fertigte eine Kopie von Tizians Gemälde an, aber mit seiner Frau. Betrachtet man ihre Figur, ist sie identisch dargestellt, bis hin zum Ring am Finger, dem Haar auf der linken Schulter, der Perle und dem Stoff. Sie trägt ein weißes Hemd, das einen Glanz erzeugt. Frauen mit 'weißem Fleisch'. Sehr helle Lippen. Man sieht, wie der rote Samt verwendet wird, um den Figuren einen Hauch von Leben zu verleihen. Die Komposition ist manieristisch und identisch mit der von Tizian. In beiden Gemälden sehen wir, wie die Figur im Spiegel nur den Teil widerspiegelt, den der Betrachter nicht sieht.
Rubens: Die Toilette der Venus (1612-1615)
Die Figur von hinten (Espalda). Wollüstiges Fleisch. Blonde Haare, die zur Seite fallen, wie bei den Venezianern. In dieser Szene ist ein jugendlicher Eros, der an die manieristischen Jugendlichen von Correggio, Parmigianino etc. erinnert. Wir sehen die geflügelte Gestalt des Amor, schwarz dargestellt.
Velázquez: Die Rokeby Venus
Der ganze Körper, neu interpretiert. In Anlehnung an Tizians Venus: Das Bett steht im Vordergrund, mit einer blauen Decke (kalt), aber einem roten Vorhang, der mehr Licht reflektiert und das Gesicht beleuchtet, das im Spiegel reflektiert wird. Das Licht trifft ihren Körper und den Vorhang.