Vergleich der Ethik von Kant und Hume
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Kant und Hume: Ein ethischer Vergleich
Es ist interessant, Kants ethischen Formalismus mit Humes ethischem Emotivismus zu vergleichen. Obwohl beide Denker der Aufklärung angehören, zeichnen sich deutliche Unterschiede zwischen ihnen ab (ein Engländer und ein Deutscher).
Humes Empirismus und die Rolle der Gefühle
Humes Empirismus führte ihn zu der Annahme, dass nicht die Vernunft die Grundlage der Moral sei, wie es die meisten Philosophen bisher für selbstverständlich hielten. Nach Hume können unsere rationalen Kapazitäten uns nicht sagen, was gut und schlecht ist, denn „die Vernunft ist der Sklave der Leidenschaften“ und kann daher nicht verwendet werden, um festzustellen, was wir tun oder nicht tun sollten. Die Grundlage der Moral sind die Gefühle. Moralische Urteile sind in den Gefühlen verwurzelt, die eine bestimmte Handlung in uns hervorruft.
Kants rationaler Formalismus
Kants Theorie steht dem zuvor Gesagten entgegen. Er leugnet nicht, dass der Mensch ein vernünftiges Wesen mit Wünschen und Gefühlen ist. Er glaubt jedoch, dass die großen Übel der Menschheit durch Triebe und Leidenschaften verursacht wurden, die nicht zu einem rational selbstbestimmten Handeln führen. Kants Ethik ist tiefgründiger. Seine Ethik basiert auf der rationalen Dimension des Menschen, unabhängig von Gefühlen und Neigungen. Der menschliche Fortschritt ist mit der Entwicklung einer rein rationalen Ethik verbunden.
Die Quelle der moralischen Verpflichtung
Für Hume kann die Vernunft unser Verhalten daher nicht steuern. Die moralischen Imperative, die von den Gefühlen abgeleitet werden, sind jedoch nicht unfehlbar. Die Vernunft kann die Situation analysieren, aber die Gefühle, die sie in uns verursacht, sind diejenigen, die uns dazu führen, sie als gut oder schlecht zu bewerten. Nur wenn wir die Tatsache verinnerlichen, entsteht das Gefühl von Lust oder Unlust.
Nach Kant ist das Bewusstsein für moralische Verpflichtung gegeben, weil wir uns manchmal gezwungen fühlen, etwas zu tun, das unseren Wünschen widerspricht. Da das, was wir tun sollen, oft nicht mit dem übereinstimmt, was wir tun wollen, kann der Ursprung der moralischen Verpflichtung nicht in den Wünschen liegen, sondern muss in der Vernunft begründet sein. Unser Wille ist demnach nur dann gut, wenn er ausschließlich von der Vernunft beeinflusst wird, nicht von Wünschen und Leidenschaften.
Materiale und Formale Ethik
Nach der Klassifikation ethischer Theorien, die Kant vornimmt, kann man unterscheiden:
- Materiale Ethik (z. B. Hume): Diese Ethiken schlagen vor, was zu tun ist, um einen höheren Zweck zu erreichen.
- Formale Ethik (Kant): Was eine Handlung moralisch macht, ist die Art und Weise, wie diese Handlung ausgeführt wird. Das Wichtigste ist nicht, was Sie tun oder zu welchem Zweck Sie es tun, sondern wie Sie es tun.
Absicht versus Konsequenz
Humes Ethik ist eine utilitaristische Ethik, die Akzeptanz schafft, wenn etwas nützlich oder angenehm ist. Es ist eine Ethik der Folgen, da sie eine Handlung als gut erachtet, wenn ihre Konsequenzen gut sind. Demgegenüber schlägt Kant eine Ethik der Absichten vor, in der der Wille gut ist, wenn das, was uns zum Handeln bewegt, eine gute Absicht ist, die uns zwingt, nach dem zu handeln, was unsere Vernunft gebietet.
Hypothetische und Kategorische Imperative
Das moralische Gesetz muss in Form eines Imperativs vorliegen. Kant unterscheidet jedoch zwischen:
- Hypothetischen Imperativen: Diese sind charakteristisch für materiale Ethiken (wie die von Hume). Sie befehlen uns, etwas zu tun, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (im Falle von Hume: den Nutzen). Sie sagen uns, wie wir unser Verhalten leiten müssen, um den größten Nutzen zu erzielen.
- Kategorischen Imperativen: Diese sind charakteristisch für Kants formale Ethik. Ihr Gebot ist nicht an eine Bedingung oder ein Ziel gebunden. Sie beziehen sich nicht auf konkrete Handlungen, die wir ausführen sollen, sondern darauf, wie wir handeln sollen.
Die Formulierungen des Kategorischen Imperativs
Der Kategorische Imperativ lautet wie folgt:
- „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (Kant versucht hiermit zu zeigen, dass das moralische Subjekt unabhängig ein Verhalten wollen muss, das verallgemeinert werden kann.)
- „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (Dies zielt darauf ab zu vermitteln, dass eine Person, auch wenn sie ein Mittel für uns sein mag, niemals nur als Mittel, sondern immer auch als Zweck behandelt werden muss, d. h. als ein Wesen mit Würde und Rechten, das respektiert werden muss.)
Universalität, Autonomie und Heteronomie
Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Autoren ist, dass wir die Ethik von Hume als nachträgliche Ethik betrachten können: Die Prinzipien sind auf Erfahrung gegründet und für Personen zwingend, können aber nicht als universell und notwendig gelten. Kants Ethik hingegen ist universell und notwendig, unabhängig von der Erfahrung, da sie auf der Vernunft basiert, die für jedermann eindeutig ist.
Humes Ethik ist heteronom, was bedeutet, dass die moralischen Normen von einer Instanz außerhalb unserer eigenen Vernunft auferlegt werden. Kants Ethik ist autonom, da die moralischen Gesetze in der Vernunft selbst verwurzelt sind. Jeder handelt so, wie es ihm seine eigene Vernunft vorschreibt, ohne dass andere oder eine externe Instanz sein Verhalten leiten.
Uneigennützigkeit und Pflicht
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Kant materiale Ethiken (zu denen auch die utilitaristische Ethik Humes gehört) als selbstsüchtig beschreibt, weil sie Handlungen vorschlagen, die zwingend erforderlich sind, um im Gegenzug etwas für das höchste Ziel zu erhalten. Kants Ethik ist jedoch uneigennützig, da sie im Einklang mit dem moralischen Gesetz aus reiner Achtung vor der Pflicht handelt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Nur das, was aus Pflicht getan wird, ist moralisch gültig, niemals das, was pflichtwidrig oder nur pflichtgemäß geschieht. Der moralische Wert des Menschen liegt darin, seine Wünsche zu überwinden und seine Pflicht erfüllen zu können.
Metaphysische Annahmen: Skepsis und Postulate
Schließlich nimmt Hume eine skeptische und agnostische Haltung ein: Er bestätigt oder verneint die Existenz Gottes nicht, verweigert aber die Möglichkeit der Erkenntnis, da die Erfahrung, die unser Wissen begrenzt, uns niemals Beweise für die Existenz der Seele oder Gottes geliefert hat.
Im Falle von Kant, der ebenfalls eine agnostische Position einnimmt, führt die tiefe religiöse Erziehung, die er erhielt, zu den Postulaten der praktischen Vernunft: Sie sind die unsterbliche Seele, die Freiheit und Gott. Ein Postulat ist etwas, dessen Existenz wir nicht beweisen oder wissen können, das wir aber für eine vernünftige Weltanschauung benötigen, da es die moralische Grundlage des Gesetzes bildet. Kant ist der Auffassung, dass die Seele unsterblich sein muss, weil wir in einer begrenzten Existenz nicht nach der höchsten Tugend streben können. Ohne Freiheit wäre es sinnlos, von moralischer Verantwortung zu sprechen. Die Existenz Gottes ist notwendig, damit „Sein“ und „Sollen“ übereinstimmen.