Wärmebehandlung von Stahl: Härten, Anlassen und Verfahren

Eingeordnet in Technologie

Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 8,02 KB

Faktoren beim Härten von Stahl

Verschiedene Faktoren beeinflussen das Härteergebnis:

  • Stahlsorte
  • Gefügezustand vor dem Härten
  • Wärmeleitfähigkeit des Stahls
  • Größe und Geometrie der Teile
  • Art und Zustand des Abschreckmediums

Der Gefügezustand vor dem Härten ist ein weiterer wichtiger Faktor. Eine größere Korngröße verlangsamt beispielsweise die Austenitumwandlung und beeinflusst die kritische Abkühlgeschwindigkeit.

Diese Faktoren sind entscheidend für das Erreichen der gewünschten Stahlstruktur und Härte.

Härtbarkeit von Stahl

In der Metallurgie bezeichnet Härtbarkeit die Fähigkeit eines Stahls, über den Querschnitt durchzuhärten, also eine bestimmte Härte bis zu einer gewissen Tiefe zu erreichen. Dies ist nicht mit der Zähigkeit des Werkstoffs zu verwechseln.

Es gibt verschiedene Methoden zur Messung der Härtbarkeit, wie die Bruchprobe, bei der die Einhärtungstiefe anhand des Bruchaussehens beurteilt wird.

Auch durch Ätzen des Querschliffs und anschließende Härtemessung über den Querschnitt (Härteverlauf) kann die Härtbarkeit präzise bestimmt werden.

Jominy-Stirnabschreckversuch

Dieser von AISI und SAE genormte Versuch (auch bekannt als Stirnabschreckversuch nach Jominy) bestimmt wichtige Kenngrößen zur Härtbarkeit. Dies ist besonders relevant, da klare Abgrenzungen der Eigenschaften von Standardstählen zunehmend gefordert werden.

Der Versuch liefert Informationen über den Härteverlauf von der abgeschreckten Stirnfläche in das Probeninnere. Daraus lassen sich die minimale und maximale Härte eines Stahls nach definierter Wärmebehandlung, die grundsätzliche Härtbarkeit und die zu erwartenden Ergebnisse bei verschiedenen Abschreckmedien ableiten.

Jominy zeigte zudem eine nahezu direkte Abhängigkeit zwischen der Härte und mechanischen Eigenschaften wie der Zugfestigkeit auf.

Abschreckmedien beim Härten

Die beim Härten verwendeten Abschreckmedien beeinflussen die Abkühlgeschwindigkeit maßgeblich. Die gängigsten sind:

  • Wasser: Bietet eine sehr hohe Abkühlgeschwindigkeit, besonders im oberen Temperaturbereich. Wegen seines niedrigen Siedepunkts bildet sich jedoch schnell ein Dampffilm (Leidenfrost-Effekt), der die Abkühlung in der ersten Phase verlangsamen kann.
  • Öl: Mineralöle oder synthetische Öle bieten eine mildere Abschreckwirkung als Wasser. Die Viskosität spielt eine Rolle für die Kühlwirkung. Sie werden oft verwendet, um Verzug und Rissbildung bei legierten Stählen zu minimieren.
  • Quecksilber: Bietet eine extrem hohe Abkühlgeschwindigkeit, wird aber aufgrund seiner hohen Kosten und Toxizität nur in seltenen Ausnahmefällen für spezielle Teile eingesetzt.
  • Weitere Medien: Luft, Gas, Salz- oder Metallschmelzen (für isotherme Umwandlungen).

Der Abkühlvorgang in flüssigen Medien verläuft typischerweise in drei Phasen:

  1. Dampfhautphase: Das Bauteil ist von einem stabilen Dampffilm umgeben. Der Wärmeverlust erfolgt hauptsächlich durch Strahlung und Leitung durch den Dampf.
  2. Kochphase (Blasensieden): Der Dampffilm bricht zusammen, die Flüssigkeit hat direkten Kontakt zur heißen Oberfläche und verdampft explosionsartig. Hier ist die Wärmeabfuhr am höchsten. Die Intensität hängt u.a. von der Viskosität und dem Siedeverhalten des Mediums ab.
  3. Konvektionsphase: Die Oberflächentemperatur ist unter den Siedepunkt gesunken. Die Wärmeabfuhr erfolgt nun durch Konvektion und Wärmeleitung in der Flüssigkeit.

Patentieren von Stahldraht

Diese Wärmebehandlung wird bei hochfestem Stahldraht (z. B. für Federn, Seile) vor oder während des Ziehvorgangs angewendet.

Dabei wird der Draht auf Austenitisierungstemperatur erwärmt und anschließend in einem Salz- oder Bleibad bei einer Temperatur zwischen 350 °C und 600 °C isotherm umgewandelt, um ein sehr feines perlitisches oder bainitisches Gefüge (Sorbid) zu erzeugen. Die Badtemperatur muss genau eingehalten werden, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen.

Das Patentieren ist somit eine isotherme Umwandlungsbehandlung.

Austempern (Bainitisieren)

Dieses Verfahren, auch als isothermes Umwandeln im Bainitgebiet bekannt, wird erfolgreich bei Werkzeugen und kleineren Stahlteilen angewendet. Für große Bauteile ist es oft aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen der langsameren Umwandlungskinetik und der erforderlichen Abkühlgeschwindigkeit ungeeignet.

Ziel dieser Behandlung ist die Erzeugung eines reinen bainitischen Gefüges. Dies geschieht durch Abschrecken von Austenitisierungstemperatur auf eine Temperatur oberhalb der Martensitstarttemperatur und Halten auf dieser Temperatur, bis die Umwandlung abgeschlossen ist. Dadurch werden die Nachteile (hohe Eigenspannungen, Rissgefahr) der rein martensitischen Härtung vermieden, bei gleichzeitig guter Zähigkeit und Festigkeit.

Martempering (Gebrochenes Härten)

Beim Martempering wird das typische martensitische Härtegefüge erzielt. Jedoch wird die Rissgefahr vermindert, indem das Bauteil von Austenitisierungstemperatur schnell auf eine Temperatur knapp oberhalb der Martensitstarttemperatur (Ms) abgekühlt wird (z. B. in einem Salzbad zwischen 200 °C und 300 °C). Dort wird es gehalten, bis ein Temperaturausgleich über den gesamten Querschnitt erreicht ist. Anschließend erfolgt die weitere Abkühlung an Luft, wobei sich Martensit bildet.

Durch den Temperaturausgleich vor der Martensitbildung werden thermische Spannungen reduziert, was die Gefahr von Verzug und Rissbildung minimiert. Es wird z. B. bei der Herstellung von Kugellagern, Getriebeteilen und anderen maßhaltigen Bauteilen angewendet.

Anlassen nach dem Härten

Das Anlassen ist eine Wärmebehandlung, die fast immer nach dem Härten durchgeführt wird. Es ist keine eigenständige Härtemethode, sondern eine notwendige Ergänzung.

Gehärteter Stahl (martensitisches Gefüge) weist zwar hohe Härte und Festigkeit auf, ist aber sehr spröde und besitzt hohe innere Spannungen. Dies macht ihn für die meisten praktischen Anwendungen ungeeignet.

Beim Anlassen wird der gehärtete Stahl auf eine Temperatur unterhalb des Umwandlungspunktes Ac1 erwärmt und für eine bestimmte Zeit gehalten. Dadurch werden die inneren Spannungen abgebaut und die Zähigkeit erhöht, während die Härte und Festigkeit gezielt reduziert werden. Die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften (insbesondere das Verhältnis von Festigkeit zu Zähigkeit) hängt entscheidend von der Anlasstemperatur und der Haltedauer ab.

Randschichtbehandlungen (Änderung der Zusammensetzung)

Behandlungen, die die chemische Zusammensetzung der Randschicht ändern (thermochemische Diffusionsbehandlungen), bieten eine Lösung für Bauteile, die einen zähen Kern und gleichzeitig eine harte, verschleißfeste Oberfläche benötigen – Eigenschaften, die normalerweise schwer zu vereinen sind.

Die Kernzähigkeit wird oft durch Stähle mit niedrigem Kohlenstoffgehalt sichergestellt, während die hohe Oberflächenhärte und Verschleißfestigkeit durch Anreicherung der Randschicht mit Elementen wie Kohlenstoff, Stickstoff oder Schwefel erzielt wird.

Dieses Eigenschaftsprofil (zäher Kern, harte Schale) in einem einzigen Bauteil wird durch Verfahren wie die folgenden ermöglicht:

  • Aufkohlen: Anreicherung der Randschicht mit Kohlenstoff.
  • Carbonitrieren: Gleichzeitige Anreicherung mit Kohlenstoff und Stickstoff.
  • Nitrieren/Nitrocarburieren: Anreicherung mit Stickstoff (und ggf. geringen Mengen Kohlenstoff).
  • Sulfinieren: Anreicherung mit Schwefel (oft in Kombination mit N und C) zur Verbesserung der Notlaufeigenschaften.

Verwandte Einträge: