Wirtschaft & Gesellschaft Spaniens (1875-1898)
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Einleitung: Spanien 1875-1898 – Prosperität und Ungleichheit
Der Zeitraum von 1875 bis 1898 in Spanien, oft als eine Zeit wirtschaftlicher Prosperität betrachtet, war durch eine gestiegene Bevölkerungszahl und wachsenden Wohlstand gekennzeichnet. Das Bevölkerungswachstum verlief ähnlich wie im übrigen Europa, und die Wirtschaft erlebte einen allgemeinen Aufschwung. Gleichzeitig existierten jedoch großer intellektueller Fortschritt neben erheblicher sozialer Ungleichheit.
Demografische Entwicklung
Die spanische Bevölkerung erlebte eine deutliche, wenn auch verspätete demografische Modernisierung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sanken Geburten- und Sterblichkeitsraten nur langsam. Die Sterblichkeit in Spanien blieb hoch, bedingt durch eine verzögerte Entwicklung in medizinischer Versorgung, Wirtschaft und sozialen Bedingungen. Epidemien und Kriege verschärften diese Situation. Die wirtschaftliche Modernisierung erreichte primär Regionen wie Katalonien, die Balearen und die Umgebung von Madrid.
Die Migration war ein prägendes Merkmal dieser Zeit:
- Auswanderung: Viele Spanier zog es nach Amerika. Menschen aus Valencia, Murcia und Mallorca wanderten zudem nach Nordafrika und Frankreich aus.
- Binnenwanderung: Es gab einen signifikanten Zuzug in städtische Gebiete, insbesondere nach Madrid, Barcelona, ins Baskenland und nach Valencia.
Die Struktur der Erwerbsbevölkerung bestätigte die allgemeine wirtschaftliche Verzögerung des Landes. Spanien blieb im Kern ein Agrarland. Der Anteil der im Industrie- und Dienstleistungssektor Beschäftigten wuchs nur sehr langsam. Bedeutende industrielle Zentren entstanden lediglich in Barcelona, Bizkaia und Asturien.
Wirtschaftlicher Aufschwung und strukturelle Veränderungen
Allgemeine Merkmale des Wohlstands
Die erste Phase der bourbonischen Restauration (ab 1875) fiel mit einer Periode wirtschaftlichen Wohlstands zusammen. Indikatoren für diesen Fortschritt waren, neben dem Ausbau des Schienennetzes, die Steigerung der landwirtschaftlichen Einkommen und ein fortschreitender Industrialisierungsprozess, der sich besonders in Katalonien zeigte.
Landwirtschaft: Zwischen Tradition und Modernisierung
In der spanischen Landwirtschaft existierten traditionelle und moderne Anbaumethoden nebeneinander. Die Hauptanbauprodukte – Getreide, Oliven und Weinreben – nahmen etwa 85 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche ein. Die Erweiterung des Schienennetzes erleichterte die regionale Spezialisierung im Anbau.
Wichtige Entwicklungen im Agrarsektor:
- Getreideanbau: Der Getreideanbau ging in einigen Zonen zurück, da ertragsschwache Gebiete aufgegeben wurden.
- Weinproduktion: Die Weinproduktion erlebte Ende des 19. Jahrhunderts einen starken Aufschwung. Dieser war maßgeblich durch die Ausbreitung der Reblaus in Frankreich bedingt, was zu einem rasanten Anstieg spanischer Weinexporte führte. Diese Phase endete jedoch mit der Ausbreitung der Reblaus auch in Spanien und der daraus resultierenden Krise im spanischen Weinbau.
- Oliven- und Obstbau: Weinberge und Olivenhaine verzeichneten ein enormes Wachstum, auch dank der Ausweitung bewässerter Flächen (regadío). Der Obstbau und der Anbau neuer Kulturen entwickelten sich vor allem in den Mittelmeerregionen. Begünstigt wurde dies durch die Nähe zu großen Verbraucherstädten, verbesserte Handelsmöglichkeiten und die zunehmende Anwendung moderner landwirtschaftlicher Methoden.
Bergbau, Industrie und Infrastruktur
Ende des 19. Jahrhunderts erlebte der Eisenbergbau eine bedeutende Entwicklung. Dies markierte den Beginn einer heimischen Eisen- und Stahlindustrie sowie des Schiffbaus. Das Bergbaugesetz von 1869 und eine europaweite Aktien-Euphorie förderten den Export spanischer Mineralien. Exportiert wurden unter anderem:
- Quecksilber aus Almadén
- Andalusisches Eisen
- Blei und Zink
Schiffe, die Eisenerz exportierten, kehrten oft mit britischer Kohle zurück, die qualitativ hochwertiger war als die asturische. Die Eisenerzexporte generierten erhebliches Kapital, insbesondere im Baskenland. Dieses Kapital bildete die Grundlage für Institutionen wie die Bank von Bilbao und trieb die Entwicklung der baskischen Schwerindustrie, des Schiffbaus und der Metallverarbeitung voran.
Weitere industrielle Entwicklungen:
- Katalonien festigte seine Position als wichtiger Industriestandort, vor allem mit seiner Textilindustrie. Die Baumwollindustrie profitierte vom Gesetz über Handelsbeziehungen mit den Antillen und erlebte zwischen 1875 und 1886 eine Blütezeit. Trotz veralteter Maschinen in vielen Kleinbetrieben wurde die Branche durch eine protektionistische Politik gestützt.
- Andere geschützte Industriezweige umfassten Tuchfabriken in Kastilien und León, die Wollindustrie in Sabadell und Terrassa sowie die Lebensmittelindustrie (insbesondere Öl und Mehl) in Andalusien.
Das Eisenbahngesetz von 1877 förderte die Gründung neuer Unternehmen im Transportsektor. Dies führte zu einer stärkeren Präsenz spanischen Kapitals und zu staatlich initiierten Unternehmensgründungen im Eisenbahnbau, was die Infrastruktur des Landes weiter verbesserte.