Working Capital Management: Finanzierung, Kosten & Hedging-Politik
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Die Hedging-Politik im Working Capital Management
Die Hedging-Politik (oder Deckungspolitik) im Working Capital Management befasst sich mit der Frage, wie der Finanzierungsbedarf eines Unternehmens unter Berücksichtigung seiner Zeitlichkeit gedeckt werden sollte. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Finanzierungsbedarfen unterscheiden:
1. Permanenter Finanzierungsbedarf
Dieser Bedarf bezieht sich auf Ressourcen, die zu jeder Zeit für den Betrieb des Unternehmens notwendig sind. Ihre Abwesenheit würde die Art der Geschäftstätigkeit erheblich verändern oder sogar unmöglich machen. Beispiele hierfür sind das Grundinventar, die Mindestliquidität oder die notwendigen Anlagegüter.
2. Temporärer Finanzierungsbedarf
Hierbei handelt es sich um Bedarfe, die ihrer Natur nach flexibel sind und je nach saisonalen oder konjunkturellen Bedürfnissen sowie Managemententscheidungen reduziert oder erhöht werden können. Die Hedging-Politik legt die Kriterien fest, nach denen permanenter Bedarf langfristig (z.B. durch Eigenkapital oder langfristige Verbindlichkeiten) und temporärer oder saisonaler Bedarf mit kurzfristigen Mitteln (z.B. Lieferantenkredite, kurzfristige Bankkredite oder Rechnungsfinanzierungen) finanziert werden muss. Grafisch wird diese Politik wie folgt dargestellt:
Working Capital Finanzierung bei fehlender Saisonalität
Angenommen, ein Unternehmen weist keine Saisonalität in seinen Produktions- und Vertriebszyklen auf, sodass das benötigte Working Capital ebenfalls keine saisonalen Schwankungen zeigt. Sollte die Working Capital Finanzierung unter dieser Bedingung ausschließlich durch langfristige Verbindlichkeiten erfolgen? Eine klare Begründung ist hier entscheidend.
In einer solchen Situation entfällt ein wesentliches Merkmal der kurzfristigen Finanzierung, nämlich ihre Anpassungsfähigkeit an saisonale Schwankungen. Dennoch ist es wichtig zu prüfen, ob die expliziten Kosten alternativer kurzfristiger Finanzierungen günstiger sind als die langfristigen. Diese niedrigeren Kosten können durch verschiedene Faktoren bedingt sein, wie zum Beispiel niedrigere Zinsen oder sogar kostenlose Finanzierungsquellen, wie sie in einigen Fällen bei Lieferantenkrediten vorkommen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine pauschale Empfehlung „a priori“ nicht gegeben werden kann, wie in der Frage angedeutet. Stattdessen muss die spezifische Situation in jedem Einzelfall genau analysiert werden. Die Entscheidung sollte dann basierend auf einer Abwägung von Risiko- und Renditeparametern getroffen werden, wobei das Liquiditätsrisiko in diesem Kontext eine zentrale Rolle spielt.
Gründe für niedrigere explizite Kosten kurzfristiger Finanzierung
Die finanzielle Theorie besagt, dass die expliziten Kosten kurzfristiger Finanzierungen in der Regel geringer sind als die langfristiger Finanzierungen. Dies lässt sich durch mehrere Gründe erklären:
Definition: Explizite Kosten
Explizite Kosten umfassen die Summe aller direkten Kosten einer Finanzierungsquelle. Dazu gehören Zinsen, Gebühren, die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung bestimmter Mindestguthaben, Risikoprämien, Kosten für außerplanmäßige Inanspruchnahmen und ähnliche Posten.
Hauptgründe für niedrigere kurzfristige Kosten:
- Niedrigere Zinssätze: Die von Kreditgebern geforderten Zinssätze sind für kurzfristige Finanzierungen in der Regel niedriger als für langfristige. Dies liegt daran, dass die Risikokomponente, die mit längeren Laufzeiten verbunden ist (z.B. höheres Ausfallrisiko, Inflationsrisiko), diese teurer macht.
- Flexibilität der kurzfristigen Finanzierung: Diese Art der Finanzierung kann je nach saisonalem oder konjunkturellem Bedarf reduziert oder erhöht werden. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, die Finanzierung in Zeiten geringeren Bedarfs zu reduzieren und somit unnötige Kosten zu vermeiden.
- Existenz von kostengünstigen Quellen: Abhängig von der Branche, in der das Unternehmen tätig ist, gibt es Alternativen, die geringe oder gar keine Kosten verursachen. Ein typisches Beispiel sind Lieferantenkredite, bei denen Lieferanten bereit sind, Zahlungsziele ohne zusätzliche Kosten zu gewähren.
Wichtiger Hinweis: In diesem Fall ist jedoch Vorsicht geboten: Bieten diese Anbieter einen Skonto für sofortige Zahlung an, entstehen implizite Kosten, wenn dieser Skonto nicht genutzt wird. Der Verzicht auf den Skonto stellt dann die Kosten der Finanzierung dar, die oft erheblich sein können.