Woyzeck und der Doktor: Charakteranalyse & Rollen

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Woyzeck: Eine Charakteranalyse des Protagonisten

Woyzeck, mit vollem Namen Friedrich Johann Franz Woyzeck, ist etwa dreißigeinhalb Jahre alt und seit zwei Jahren mit Marie Zickwolf liiert, mit der er einen etwa einjährigen Sohn namens Christian hat. Da sein spärlicher Sold nicht ausreicht, um seine Familie zu ernähren, übt er noch zwei zusätzliche Tätigkeiten aus: Er rasiert dem Hauptmann und nimmt an Experimenten des Doktors teil. Im aktuellen Experiment darf Woyzeck ausschließlich Erbsen konsumieren. Diese Mangelernährung hat bereits physische Auswirkungen auf seinen Körper: Sein Haar ist dünner geworden, sein Puls ist unregelmäßig, und er kann den Urin nicht mehr gut einhalten. Dies hat auch psychische Konsequenzen, da seine ohnehin labile psychische Verfassung zusätzlich negativ beeinflusst wird.

Woyzeck leidet an einer Psychose, was bedeutet, dass sein seelisches Gleichgewicht gestört ist. Dies wird beispielsweise direkt in der ersten Szene deutlich, als er eine Wahnvorstellung erlebt. Er glaubt, sich auf einem Richtplatz zu befinden und bald selbst sterben zu müssen. Dass dies tatsächlich eintreten wird, da er später für den Mord an Marie hingerichtet wird, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Woyzecks psychischer Zustand und seine Ursachen

Als Ursachen für seine Psychose kommen verschiedene Faktoren in Betracht:

  • Die bereits erwähnte Mangelernährung, die seinen Körper unter extremen Stress setzt.
  • Die physische und psychische Belastung durch seine Mehrfachbeschäftigung zur Sicherung des Familieneinkommens.
  • Der moralische Druck und die Schikanen durch den Hauptmann aufgrund seines vermeintlich „unmoralischen“ Lebenswandels.
  • Die Objektifizierung durch den Doktor, der ihn lediglich als Versuchstier und „interessanten Irren“ betrachtet und ausnutzt.

Obwohl Woyzeck bis zu diesem Zeitpunkt psychisch bereits angeschlagen ist, bleibt er einigermaßen stabil. Den entscheidenden Bruch erlebt er jedoch erst, als er vom Verhältnis zwischen Marie und dem Tambourmajor erfährt und sich persönlich von der Richtigkeit der Gerüchte überzeugen kann. Daraufhin erleidet er einen weiteren Wahnsinnsanfall und fühlt sich von Stimmen dazu aufgefordert, Marie zu töten. Von diesem Moment an befindet er sich in einem mentalen Tunnel, der unweigerlich zu Maries Tod führt. Sein Handeln ist nun nicht mehr fremdbestimmt; er vollzieht einen verzweifelten Befreiungsschlag aus allen Zwängen. Die Konsequenzen sind jedoch dramatisch: Er verliert seine über alles geliebte Marie und auch sein Kind, das sich am Ende von ihm abwendet. Er hat sich somit schlussendlich selbst zerstört und bleibt allein zurück, vergleichbar mit dem Kind aus dem Märchen der Großmutter (vgl. Szene 18).

Der Doktor: Skrupelloser Wissenschaftler und Peiniger

Der Doktor ist Wissenschaftler und Forscher aus tiefstem Herzen. Daher ist es ihm von größter Bedeutung, dass sich Woyzeck, der ihm als Versuchsobjekt dient, akribisch an seine Anweisungen hält. Er reagiert äußerst ungehalten, als Woyzeck einmal gegen seine Anweisungen verstößt und gegen eine Wand uriniert, anstatt seinen Urin für die Untersuchung abzugeben. Er untersucht diesen nämlich regelmäßig, um die Veränderungen im Verlauf des Experiments zu dokumentieren. In der aktuellen Studie darf Woyzeck ausschließlich Erbsen konsumieren. Die Auswirkungen dieser Diät – dünner werdendes Haar, unregelmäßiger Puls und Inkontinenz – interessieren den Doktor jedoch nicht, da sein Fokus nicht auf dem menschlichen Wohl, sondern auf seiner Forschung liegt, mit der er die Wissenschaft revolutionieren und sein eigenes Ansehen steigern möchte.

Doktors Charakterzüge und seine Rolle im Drama

Seine Skrupellosigkeit zeigt sich auch darin, dass er Woyzecks geistige Verwirrung als Vorwand nutzt, ihm eine weitere Zulage zu versprechen, anstatt ihm medizinische Hilfe anzubieten. Er nutzt Woyzecks prekäre finanzielle Lage gezielt aus, da er dessen Familiensituation kennt und weiß, dass der geringe Sold eines einfachen Soldaten nicht ausreicht, um das Auskommen seiner Familie zu sichern.

Zudem genießt er es, seine Überlegenheit zu demonstrieren, indem er seine Versuchsperson häufig schikaniert und sie lediglich als Objekt betrachtet. Für ihn steht Woyzeck sogar unter einem Tier, da er sich darüber ärgert, dass er sich über ihn – einen Menschen – geärgert hat. Dies passt nicht in sein Selbstbild. Er sieht sich nämlich als kaltblütigen Wissenschaftler, den nichts aus der Ruhe bringen kann.

Zudem ist er zynisch, was sich auch in seinem Gespräch mit dem Hauptmann manifestiert. Hier liefert er sich einen Disput mit dem Hauptmann, in dem er sich über diesen lustig macht. Er diagnostiziert diverse Anzeichen für Krankheiten (z.B. aufgedunsen, fettleibig, dicker Hals) und leitet daraus drastische Konsequenzen ab. Dabei stellt er das Schlimmste in Aussicht (Dahinvegetieren, geistige Lähmung) und betont zynisch, dies sei die harmloseste Variante. Er droht zudem damit, dass der Hauptmann sein nächstes Studienobjekt werden könnte, verspricht ihm aber zynisch „unsterblichen Ruhm“, da sein Fall dann besonders interessant wäre.

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