Woyzeck: Maries Untreue und Woyzecks Weg zur Tat (Szenen 10-16)
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Szene 10: Wachstube – Woyzeck und Andres
Es ist Sonntag, und Andres und Woyzeck haben Dienst in der Wachstube. Während Andres gut gelaunt ist und singt, ist Woyzeck unruhig. Vor der Stadt ist in zwei Lokalen Musik und Tanz zu hören, was bis zu den beiden dringt. Woyzeck befürchtet, dass Marie sich gerade mit dem Tambourmajor trifft, und verlässt sogar seinen Posten, um Gewissheit zu bekommen. Er ist sich bewusst, dass er bestraft wird, wenn dies auffällt.
Szene 11: Marie und der Tambourmajor – Woyzecks Entdeckung
Woyzeck kommt zu einem Wirtshaus, das er jedoch nicht betritt. Er schaut durch die geöffneten Fenster hinein und sucht Marie und den Tambourmajor unter den Tanzenden. Währenddessen sinnieren zwei Handwerksburschen über Schnaps und die Vergänglichkeit ihres Geldes. Als Woyzeck die Gesuchten zusammen vorübertanzen sieht, ist er fassungslos über diesen Treuebruch am helllichten Tag in aller Öffentlichkeit. Ein Handwerksbursche predigt zeitgleich ironisch darüber, dass Gott jedem Menschen planvoll seine Bestimmung zugedacht hat und dass alles Irdische vergänglich ist. Dies muss für Woyzeck wie blanker Hohn klingen, da es dann seine Bestimmung wäre, sich zur Sicherung von Maries Lebensunterhalt abzurackern, nur damit ihm alles wieder genommen wird.
Szene 12: Freies Feld – Woyzecks Reaktion auf Maries Untreue
Da Woyzeck den Anblick von Marie und dem Tambourmajor nicht mehr ertragen konnte, ist er ins Feld gelaufen und hat wieder einen Wahnsinnsanfall (vgl. Szene 1). Er meint zuerst noch die Musik zu hören, die dann aber in Stimmen aus dem Boden übergeht, die ihn auffordern, Marie zu erstechen. Er zögert noch, wird aber sicher, es tun zu müssen, als der Wind es ihm ebenfalls sagt.
Szene 13: Nacht – Woyzecks Wahnsinn im Bett mit Andres
Auch in der Nacht sind Woyzecks Wahnsinnsanfälle noch nicht abgeklungen. Er rüttelt den tief schlafenden Andres wach, mit dem er sich ein Bett teilt, und erzählt ihm, dass ihn die nachmittägliche Musik und Stimmen aus der Wand verfolgen. Andres ist müde und geht kaum darauf ein. Er versucht Woyzeck mit ein paar Floskeln zu beruhigen und schläft weiter. Das hat bei Woyzeck jedoch keine Wirkung; er meint, ein Ziehen zwischen den Augen zu haben. Andres erkennt auch hier Woyzecks Wahnsinn nicht, sondern denkt, er habe Fieber und rät ihm daher, dieses mit Schnaps und einem fiebersenkenden Pulver zu kurieren.
Szene 14: Schlägerei – Tambourmajor demütigt Woyzeck
In einem Wirtshaus brüstet sich der Tambourmajor selbstverliebt damit, wie stark er ist und dass er jeden Zweikampf gewinnen würde. Als er Woyzeck erblickt, der ebenfalls anwesend ist, beginnt er, ihn zum Trinken zu animieren. Als das nicht klappt, provoziert er ihn weiter, bis Woyzeck mit ihm ringt und verliert. Diese weitere Demütigung (neben dem Betrug mit Marie) wertet das Ego des Tambourmajors auf. Er freut sich darüber, sich als unbesiegbarer, toller Mann bewiesen zu haben. Bei Woyzeck verursacht dies den Wunsch, seine Angelegenheiten eine nach der anderen zu regeln. Der Vorsatz, Marie zu töten – der er indirekt auch diese Schmach verdankt – wird zur Gewissheit. Nun richtet sich sein ganzes Handeln nach diesem Ziel. Damit markiert diese Szene den Wendepunkt im Drama, da Woyzeck nicht bereit ist, weitere Demütigungen hinzunehmen.
Szene 15: Messerkauf – Woyzecks Mordplan konkretisiert sich
Woyzeck beginnt nun, Vorbereitungen für Maries Ermordung zu treffen und kauft bei einem Juden ein Messer. Dieser verspricht ihm, dass er sich damit gut umbringen könne. Woyzeck überzeugt sich davon, dass es wirklich so scharf ist, und kauft es für zwei Groschen.
Szene 16: Maries Kammer – Schuldgefühle und Bibellektüre
Marie ist in ihrem Zimmer und liest Bibelstellen, die sich mit Betrug und Ehebruch befassen und in denen der Sünderin Vergebung zugesprochen wird. Nach Vergebung strebt Marie zwar auch, doch sie kann das Verhältnis mit dem Tambourmajor nicht beenden, da die Faszination, die er auf sie ausübt, zu stark ist. Als Christian zu ihr kommt, erinnert er sie an seinen Vater Woyzeck, was ihr ihren Treuebruch erneut vor Augen führt. Daher schiebt sie das Kind von sich weg. Ein nicht näher beschriebener Narr ist ebenfalls anwesend und gibt Märchenfetzen von sich; er nimmt das Kind in den Arm und schweigt dann. Marie fällt nun auf, dass Woyzeck bereits seit zwei Tagen nicht mehr bei ihr war, und ist beunruhigt, da er sonst öfter vorbeischaut. Der Gedanke an ihn nährt weiter ihr schlechtes Gewissen, und sie fährt fort, in der Bibel zu lesen. Dabei wird ihr bewusst, dass sie sich durch ihren Treuebruch innerlich tot fühlt und sich erneut nach göttlicher Vergebung sehnt.