Zweisprachigkeit, Diglossie und Sprachstandardisierung
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Einführung in die Sprachwissenschaft
Zweisprachigkeit: Definition und Formen
Zweisprachigkeit beschreibt die Situation, in der zwei oder mehr Sprachen abwechselnd von denselben Personen verwendet werden. Es gibt verschiedene Formen der Zweisprachigkeit:
- Aktive Zweisprachigkeit: Sprecher können zwei Sprachen aktiv verwenden und abwechselnd zwischen ihnen wechseln.
- Passive Zweisprachigkeit: Personen verstehen beide Sprachen, verwenden aber nur eine aktiv.
- Natürliche Zweisprachigkeit: Der Erwerb beider Sprachen erfolgt auf natürliche Weise, oft von Geburt an.
- Soziale Zweisprachigkeit: Eine Situation, in der eine Sprache innerhalb eines Staates mehr Macht oder Einfluss besitzt als eine andere.
Diglossie: Merkmale und Auswirkungen
Diglossie bezeichnet eine Sprachsituation, in der zwei Varietäten derselben Sprache (oder manchmal auch zwei eng verwandte Sprachen) in einer Gesellschaft nebeneinander existieren und jeweils für unterschiedliche soziale Funktionen verwendet werden. Es gibt eine „hohe“ Varietät (H-Varietät), die in formellen Kontexten genutzt wird, und eine „niedrige“ Varietät (L-Varietät), die seltener kultiviert und in informellen Situationen verwendet wird.
Die neun Merkmale der Diglossie
Die Diglossie zeichnet sich durch neun konstante Merkmale aus:
- Funktion: Die H-Varietät wird in formalen Kontexten verwendet, die L-Varietät in informellen oder verwandten Kontexten.
- Prestige: Die H-Varietät genießt höheres Prestige, was in einigen Fällen zur Ablehnung oder Abwertung der L-Varietät führen kann.
- Literarisches Erbe: Die H-Varietät verfügt über ein etabliertes literarisches Erbe, während die L-Varietät oft in informellen Medien wie Telenovelas oder mündlichen Traditionen genutzt wird.
- Erwerb: Die L-Varietät wird in der Regel als Muttersprache erworben, während die H-Varietät oft durch formellen Unterricht gelernt wird.
- Standardisierung: Die H-Varietät ist stark standardisiert (Grammatik, Rechtschreibung), während die L-Varietät oft keine fest definierten Regeln hat.
- Stabilität: Diglossie ist eine relativ stabile Sprachsituation.
- Grammatik: Die Grammatik der H-Varietät ist stabiler und standardisierter als die der L-Varietät, die oft vereinfacht ist.
- Wörterbücher/Lexikon: Das Lexikon der H-Varietät ist umfassend, während die L-Varietät spezifische, oft umgangssprachliche Terminologie aufweisen kann, die nicht in der H-Varietät zu finden ist.
- Phonologie: Die H-Varietät weist oft eine sorgfältigere und prestigeträchtigere Aussprache auf.
Während Zweisprachigkeit die Kenntnis und gegenseitige Beeinflussung zweier Sprachen (wie Kastilisch und eine andere Sprache) beschreibt, bezieht sich Diglossie oft auf die gleichzeitige Verwendung einer Nationalsprache und eines Dialekts.
Sprachliches Prestige
Sprachliches Prestige ist ein entscheidender Faktor in Diglossie-Situationen und bei Standardisierungsprozessen. Es wird angenommen, dass Prestige oft auf nicht-sprachlichen Prozessen beruht, die mit militärischem oder literarischem Einfluss zusammenhängen.
Standardisierung und Normalisierung
Standardisierung ist ein bewusster Prozess der Normalisierung einer Gesellschaft, der darauf abzielt, eine einheitliche Sprache zu schaffen, wo zuvor Dialekte existierten. Dieser Prozess versucht, sprachliche Fragmentierung zu verhindern und die Nutzung sowie die Aufwertung einer marginalisierten Sprache sowohl mündlich als auch schriftlich zu fördern.