Das Zwölftafelgesetz: Strafrecht & Zivilrecht
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Das Zwölftafelgesetz: Ein Einblick in das frühe römische Recht
Tafeln VIII und IX: Strafrecht und Vergeltung
Die Tafeln VIII und IX des Zwölftafelgesetzes befassen sich mit dem Strafrecht. Sie stellen einen Versuch dar, die private Rache zu mildern und durch finanzielle Vergütung zu ersetzen. Hier wurde das **Talionsprinzip** (die Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zum verursachten Schaden stehen) etabliert. Diese Tafeln berücksichtigten nur vorsätzliche Straftaten, nicht fahrlässige. Es gab öffentliche und private Verbrechen.
Öffentliche Verbrechen (Crimina Publica)
- Perduellio: Hochverrat, bestraft mit dem Tode.
- Parricidium: Ursprünglich die Tötung eines Familienvaters, später die Tötung eines römischen Bürgers, ebenfalls mit dem Tode bestraft.
Private Verbrechen (Delicta Privata)
- Furtum Diurnum (Diebstahl bei Tag): Man durfte den Dieb töten, wenn er sich mit Waffen verteidigte. Zeugenaussagen von Nachbarn waren erforderlich.
- Furtum Nocturnum (Diebstahl bei Nacht): Man durfte den Dieb in jedem Fall töten. Zeugenaussagen von Nachbarn waren erforderlich.
- Furtum Manifestum: Wenn der Dieb auf frischer Tat ertappt wurde, wurde er dem Opfer als Sklave übergeben.
- Furtum Nec Manifestum: Wenn der Dieb nicht auf frischer Tat ertappt wurde, betrug die Strafe das Doppelte des Wertes des Gestohlenen.
- Furtum Conceptum: Wenn die gestohlene Sache im Haus des Diebes gefunden wurde, betrug die Strafe das Dreifache des Wertes des Gestohlenen.
- Furtum Oblatum: Wenn der Dieb die gestohlene Sache einem Dritten übergab, um den Verdacht von sich abzulenken, und dieser sie gutgläubig in Besitz nahm, betrug die Strafe das Dreifache des Wertes des Gestohlenen.
Magie und Zauberei
Personen, die Zaubersprüche anwendeten, um andere zu schädigen oder die Ernte zu vernichten, wurden mit dem Tode bestraft.
Strafen
Die üblichen Strafen waren Geldstrafen oder die Todesstrafe. Die Todesstrafe konnte durch verschiedene Methoden vollstreckt werden: Erhängen, Kreuzigung, Enthauptung, Ertränken oder Sturz vom Tarpejischen Felsen. Folter war jedoch nicht erlaubt.
Das Talionsprinzip wurde später durch finanzielle Vereinbarungen zwischen Täter und Opfer ersetzt. Für die schwersten Verbrechen blieb die Todesstrafe bestehen.
Tafel X: Bestattungsrecht
Tafel X regelte Bestattungen. Es war verboten, Leichen innerhalb der Stadt zu begraben. Außerdem wurde übermäßiger Luxus bei Beerdigungen untersagt.
Tafel XI: Allgemeine Regeln und Provocatio ad Populum
Tafel XI enthielt allgemeine Regeln und die *Provocatio ad Populum*. Es wurden spezielle Gerichte eingerichtet: Die *Duoviri Perduellionis* für Hochverrat und die *Quaestores Parricidii* für Vatermord. Die Todesstrafe musste von der *Comitia Centuriata* bestätigt werden. Diese Regel wurde zur Grundlage der *Provocatio ad Populum* (das Recht eines römischen Bürgers, gegen ein Todesurteil an die Volksversammlung zu appellieren).
Tafel XII: Öffentliches Recht
Tafel XII war kurz und enthielt drei Regeln des öffentlichen Rechts:
- Verbot der Ehe zwischen Patriziern und Plebejern (später aufgehoben).
- Der Grundsatz, dass ein späteres Gesetz ein früheres aufhebt.
- Das Verbot von Privilegien.
Das archaische römische Recht
Das frühe römische Recht wurde von den *Mores Maiorum* (Sitten der Vorfahren) bestimmt, die die Grundlage des *Ius Civile* bildeten. Recht und Religion waren eng miteinander verbunden. Allmählich begann eine Trennung, und im Zwölftafelgesetz wurde festgelegt, dass sich *Ius* auf das weltliche Recht und *Fas* auf das göttliche Recht bezieht. Diese Trennung war in den letzten Jahrhunderten der Republik bereits vollzogen.
Merkmale des archaischen römischen Rechts
- Es war sehr formalistisch.
- Es war sehr traditionell.
- Es wurde von Generation zu Generation weitergegeben.
- Normen konnten durch Nichtgebrauch außer Kraft treten (*Desuetudo*).