Analyse von Reden: Merkel und Hitler im Vergleich
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Analyse der Rede von Angela Merkel
• Zeilen 1 bis 3 (Sehr geehrter Herr Präsident…):
Captatio benevolentiae: Erheischung des Wohlwollens des Publikums. Diese
rhetorische Figur dient der Einstimmung des Publikums und der Ehrerbietung
zum Zwecke der Sympathieerheischung. Da dies aber mittlerweile weltweiter
Standard ist, sollte dieser Figur, jedenfalls in dieser Ausformung, kein Gewicht
beigemessen werden.
• Zeile 1 (Herr Präsident):
Periphrase: Umschreibung. Teil der Anrede, hier auch Respektsbekundung vor
dem Amt. Zeile 1 (lieber Barack Obama): antithetische Anrede/Familiarität (sehr
geehrter/lieber): Nach der Würdebekundung durch die Ansprache des
Amtsträgers nähert sich Merkel dem POTUS1
als Freundin/Vertraute („lieber“),
damit erzeugt sie eine freundschaftliche Stimmung und positive Grundhaltung.
• Zeile 5 (Berliner Mauer):
Symbol/Allegorie. Hinter diesen simplen Worten verstecken sich große Konzepte:
Freiheit und ihr Fehlen, Eiserner Vorhang, Kalter Krieg, Mauerschützen usw.
Schon zu Beginn Ihrer Rede, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen, setzt Angela
Merkel den Akzent, der Ihren Vortrag thematisch in die Richtung des
hauptsächlichen Tenors befördert: Freiheit und den Kampf um dieselbe.
• Zeilen 6 und 7 (…auch meine Eltern…Die Familie meiner Mutter zum Beispiel…):
Exemplum/Totum pro parte.
• Zeile 9 (…im unfreien Teil…):
Litotes.
(Viele Jahre lang habe ich…):
Inversion.
Analyse der Rede von Adolf Hitler
Hitler spricht am 8. November 1942 vor „alten Kämpfern“ im Münchener Löwenbräukeller. Zunächst wirft er einen Blick zurück auf den Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland und setzt die Periode gleich mit der aktuellen Lage des Deutschen Reichs, weil sie zu beiden Zeitpunkten vor „schicksalsentscheidenden“ Kämpfen gestanden hätten. Gleich geblieben sei auch seine Überzeugung, dass „das Schicksal oder die Vorsehung […] denen den Sieg geben [werden], die ihn am meisten verdienen“. Für die Jahre 1932/33 bezieht er dies auf wachsende Bedeutung der NSDAP, für die Zeit der Rede, das Jahr 1942, auf das gesamte deutsche Volk, das sich im Krieg befindet. Im Folgenden nimmt er seine Gegner in den Blick und stellt fest, dass die Gegner in beiden Situationen die gleichen seien und hinter ihnen jeweils „der internationale Jude“ stehe, als Hauptfeind des Reichs. Hierzu zählt er für die Jahre 1918–1923 die Redaktion der Frankfurter Zeitung, die Börse sowie die KPD. Nun bezieht er die aktuellen Kriegsgegner mit ein, wie die USA mit ihrem Präsidenten Roosevelt und die UdSSR. Allen unterstellt er, Juden zu sein. Anschließend erklärt er, dass im deutschen nationalsozialistischen Reich im Gegensatz zur Sowjetunion der Sozialismus verwirklicht wurde. Als Beispiele führt er die Lage der Bauern und das Siedlungswesen an. Hierin sieht er auch den Hauptgrund für die Alliierten, die er als Interessenvertreter des Kapitalismus bezeichnet, Krieg gegen das Deutsche Reich zu führen. Ihr erklärtes Kriegsziel sei es, andere Völker auszubeuten. Er spricht ihnen, vor allem der britischen Regierung, jegliche Regierungskompetenz ab, vielmehr sieht er die Welt von einem „Haufen allerdings sehr reicher Leute jüdischer und nichtjüdischer Abkunft“ regiert. Diese Weltregierenden hätten, so schließt er seine Rede, die Deutschen im Jahr 1918 verführt und ausgeplündert, weswegen er und seine Leute überhaupt nur „gekommen“ seien.
Kontextualisierung der Rede Hitlers
Klären Sie durch Erläuterung der historischen Fakten nicht nur den Kontext für die Rede, sondern auch für die von Hitler in seiner Rede gemeinten historischen Ereignisse, also z. B.
- „nach rund zwanzig Jahren“ (Z. 4) (Was war 1922/23?)
- „jenen Abend vor zehn Jahren“ (Z. 8/9) (Was war 1932?)
- „im Jahre 1918“ (Z. 42, Z. 111)
- „ausgeplündert“ (Z. 119/120) (Versailler Vertrag und Reparationen usw.)
- „an seinem Programm keinerlei Änderungen“ (Z. 6/7) (Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus usw.)
- „unterdes errungene weltgeschichtliche Erfolge“ (Z. 57/58) (deutsche Wiederaufrüstung, Anschluss Österreichs und der Sudetengebiete, militärische Besetzung zahlreicher europäischer Länder bzw. Gebiete usw.)
Hitlers Feindbilder und Ideologie
Beachten Sie besonders auf Hitlers Entgegensetzung von „in-group“ und „out-group“, wie Hitler definiert, wer der jeweilige Gegner und wer „wir“ ist, welche Begriffe Hitler jeweils für diese Gruppen findet, welche Aussagen er über sie trifft. Hitler präsentiert seine ideologische Verblendung hier als „unbeirrbare Treue“ und unerschütterlichen Glauben und Siegeszuversicht. Kritisch herauszustellen wäre weiterhin insbesondere Hitlers andauernde Wahnidee, hinter allem Schlechten, das Deutschland widerfahre, stünde eine jüdische Konspiration. Propagandistisch versucht er auf diese Weise, die in Wahrheit entgegengesetzten Weltanschauungen von Kapitalismus und Marxismus und deren führende Mächte, USA/ Großbritannien und Sowjetunion, als Deutschlands Feinde zusammenzudenken, um durch dieses Feindbild den inneren Zusammenhalt der Deutschen zu beschwören.