Zwei Jungen essen Obst von Bartolomé Esteban Murillo

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Titel: Zwei Jungen essen Obst (oder Kinder essen Trauben und Melonen)

Autor: Bartolomé Esteban Murillo
Datiert: 1650
Stil: Barock
Schule: Spanisch
Technik: Öl auf Leinwand
Größe: 1,45 x 1,06 m
Standort: Alte Pinakothek, München

2. Technische Analyse und formale Elemente

2.1 Technische Aspekte

Murillo beherrschte die Zeichnung meisterhaft und konnte Details mit beeindruckendem Realismus wiedergeben. Seine Malerei ist eher zeichnerisch als malerisch. Die Farben sind überwiegend Erdtöne, mit Ausnahme des Hemdes und der Melone. Der dunkle Hintergrund dient dazu, die Figuren hervorzuheben und die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Murillo verwendet ein natürliches Licht und setzt Chiaroscuro ein. Besonders hervorzuheben sind die Ausdrucksformen: Gesten, Augen, Finger, der volle Mund beim Essen – alles wirkt sehr natürlich und realistisch.

2.2 Formale Elemente

Die Szene spielt in einem Raum mit dunklem Hintergrund, um die Figuren im Vordergrund hervorzuheben. Dies erzeugt Tiefe und lässt die Kinder besonders hervortreten. Es sind zwei Kinder dargestellt: Das eine sitzt links und hält ein Stück Melone, während es mit der rechten Hand eine Traube zum Mund führt. Es beobachtet das andere Kind. Das zweite Kind sitzt auf einem Hocker und schaut mit vollem Mund zurück zu seinem Begleiter. Es hat eine Melone auf dem Schoß. Ihre Kleidung ist abgenutzt. Links unten ist ein Korb mit schwarzen und weißen Trauben zu sehen. Außerdem liegt eine Melone auf dem Boden. Die Kinder sind barfuß.

2.3 Stil

Murillos Stil ist sowohl persönlich als auch charakteristisch für seine Zeit. Er war über 30 Jahre lang ein führender Künstler. Seine Werke zeichnen sich durch die Darstellung von Güte, kindlicher Unschuld und der Unbefleckten Empfängnis aus. Seine Figuren haben eine gewisse bürgerliche Gelassenheit. Später legte er mehr Wert auf die Behandlung des Lichts und setzte Chiaroscuro verstärkt ein. Murillo war kein Innovator und geriet nach dem 19. Jahrhundert in Vergessenheit.

Einordnung des Werkes

Das Werk lässt sich dem realistischen Barock zuordnen. Es zeigt eindeutig Elemente des täglichen Lebens.

3. Interpretation

3.1 Rolle der Aristokratie

Die Aristokratie Sevillas, kirchliche Gemeinschaften und die Handelskolonien der Niederlande bildeten einen bedeutenden Kunstmarkt in Spanien, der nur von Madrid übertroffen wurde.

3.2 Kontext

Sevilla war im 17. Jahrhundert ein wichtiges Handelszentrum aufgrund des Handels mit den spanischen Kolonien. Die Wirtschaft der Monarchie geriet jedoch im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts in eine Krise, was zu einem erheblichen Rückgang der spanischen Wirtschaft führte. Hinzu kamen die Pestepidemie von 1649 und Nahrungsmittelknappheit. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung starb. Arme Kinder waren ein häufiges Thema, da es in Sevilla auch nach der Pest viele Kinder gab, die ihre Familien verloren hatten.

3.3 Einflüsse

Murillo und andere lokale Maler waren von der Kunst Caravaggios und seiner Nachfolger beeinflusst. Murillo traf Velázquez in Sevilla, aber dessen Einfluss war weniger in seinen Werken als in der Zugänglichkeit der königlichen Sammlungen spürbar. Der Einfluss von Van Dyck zeigt sich in der Darstellung von Licht und Schatten auf den Gesichtern, die eine gewisse bürgerliche Gelassenheit vermitteln. Später erinnerte seine Behandlung des Lichts an Rembrandt.

3.4 Inhalt und Bedeutung

Inhalt: Das Werk zeigt ein in Murillos Schaffen häufig wiederkehrendes Motiv: zwei oder drei Kinder, die trotz ihrer Armut und abgenutzten Kleidung mit Realismus dargestellt werden. Sie wirken nicht mager, sondern glücklich und sorglos.

Wie bereits erwähnt, erlebte Spanien eine Krise, die zusammen mit anderen Faktoren die Bevölkerung halbierte und viele in extreme Armut stürzte.

Bedeutung: Das Werk ist ein Genrebild mit realen Menschen, Kindern, lokalen Bräuchen und einer Stillleben-Szene, alles im barocken Stil. Es könnte eine Allegorie der Sinne sein, ein häufiges Thema im Barock, das jedoch in der spanischen Malerei, die meist religiös war, ungewöhnlich ist. Die Darstellung der Frische des Augenblicks wirkt fast wie eine Momentaufnahme.

  • Die Natürlichkeit der Haltung, das Mitgefühl und die Zuneigung zu den „Bettlern“, den Protagonisten der Schelmenromane, werden betont.
  • Dieses intime Werk weicht von der vorherrschenden Kunst der Zeit ab und zeigt nicht die Bitterkeit und Härte der Epoche (Sevilla erlebte Pestepidemien, bei denen die Hälfte der Bevölkerung starb – Murillo selbst wurde Witwer mit neun Kindern, von denen nur drei überlebten: ein Mönch, ein Priester und ein Sohn, der nach Westindien segelte).
  • Es wird vermutet, dass das Werk für einen wohlhabenden ausländischen Kunden aus Nordeuropa in Auftrag gegeben wurde. Daher könnte es eine moralische Lesart geben, die uns mit dem Anblick von Waisenkindern oder verlassenen Kindern konfrontiert, die durch die Straßen Sevillas streifen (obwohl sie gut genährt und selbstbewusst wirken).

Funktion:

  1. Persönliche Vision der Kindheit.
  2. Allegorische, aber nicht moralisierende oder sozialkritische Darstellung.
  3. Es zeigt eine Flucht vor der Realität der Krise durch Idealisierung: Die Kinder sind Straßenschurken, schmutzig, aber fröhlich.

Murillos Gemälde von benachteiligten Kindern spiegeln eine verarmte Gesellschaft und ihre schwächsten Mitglieder, die Kinder, wider.

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