Rousseaus Dualitäten: Eine philosophische Analyse
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Editorial: Rousseau, Denker der Dualitäten
Rousseaus Dualitäten spiegeln die klassischen Gegensätze wider: Materie – Geist, Vernunft – Sinne, Verstand – Sensibilität, wie in fast allen philosophischen Strömungen außer dem Materialismus.
- Diese Dualität von Körper und Seele gründet in einem weiteren Gegensatz: Vernunft – Gefühle. Die Vernunft, wie Rousseau sie versteht, besitzt nicht mehr die kartesianische Kälte, die zu einer Methode zur Wahrheitsfindung führt. Wenn die Vernunft die Praxis umwandelt, dient dem Menschen sein moralisches Gefühl als Kompass, was zu einer Steigerung des Bewusstseins führt. (...)
- Die Unterscheidung von Intelligenz und Sinnen als aktiv und passiv ist eine weitere Dualität. Rousseau nutzt sie, um anzuprangern, dass die Vernunft die Sinne falsch beurteilt. Im Gegensatz zu Platon und Descartes sind die Sinne nicht trügerisch – „es ist nicht falsch, dass ich fühle, was ich fühle“, aber ich irre mich, wenn ich aktiv einen besonderen Fall konstruiere, der in Wirklichkeit nicht so ist, wie er scheint. Rousseau zufolge ist das passive Bewusstsein nicht fehlerhaft, aber die Intelligenz verändert die Gründe und entfernt den Menschen oft von dem, was die Sinne diktiert hatten. (...)
- So erkennen wir eine weitere Dualität: die theoretische Vernunft – die praktische Vernunft. Erstere, so Rousseau, hat ihre Grenzen, während letztere der Moral dient und nicht danach fragt, wie etwas ist. Dies ist die sogenannte praktische Wendung. (...)
- Eine weitere Dualität, die wir analysieren können, sind die natürlichen Gefühle: Selbstliebe und natürliche Frömmigkeit, die durch Gewalt in Egoismus (Eigenliebe) umschlagen und Ungleichheit verursachen. (...)
- Eine weitere, oben abgeleitete Dualität wäre: natürlich – künstlich. Alles, was aus den Händen Gottes (Natur) kommt, ist gut; alles verdirbt in den Händen der Menschen (Künstlichkeit). (...)
- Die Dualität von natürlicher Religion – offenbarter Religion ergibt sich aus dem vorherigen Gegensatz von natürlich und künstlich. (...)
- Eine weitere Dualität, die Rousseau ableitet, ist die von natürlicher Freiheit – bürgerlicher Freiheit. Erstere ist verloren und unwiederbringlich, aber letztere können wir erreichen, und sie ist erstrebenswert. Dies ist nur durch einen Gesellschaftsvertrag möglich, der in einer zivilisierten Gesellschaft geschlossen wird. Jeder muss seine Macht zur Selbstverwaltung an alle abtreten. Die bürgerliche Freiheit ist zweifellos besser als die reine natürliche, wilde Freiheit.