Spanischer Roman: Epochen, Autoren & Merkmale (1939-1970er)
Eingeordnet in Sprache und Philologie
Geschrieben am in Deutsch mit einer Größe von 4,94 KB
Exilliteratur und ihre Autoren
Ramón J. Sender (Chronicles of Alba), Max Aub (The Magic Labyrinth) und Francisco Ayala (Leiter des Lammes) sind einige der bedeutendsten Autoren dieser Epoche. Ihre Werke, oft außerhalb Spaniens entstanden, behandeln häufig das Thema des Bürgerkriegs und seine Folgen.
Der Roman der unmittelbaren Nachkriegszeit (1940er)
Wie in anderen Genres verhinderte die extreme Härte der Zensur eine kritische Auseinandersetzung mit sozialen Themen. Unmittelbar nach dem Krieg war der natürliche Zerfall der literarischen Evolution offensichtlich. Der Roman der 1930er Jahre konnte keine Verbindung zur sozialen Erzählung herstellen, da diese von der Diktatur verboten war. Der Bürgerkrieg durfte nur aus der Perspektive des Franco-Regimes behandelt werden. In den 1940er Jahren gab es nur ausnahmsweise und vereinzelt bedeutende Werke:
- 1942: Die Familie von Pascual Duarte von Camilo José Cela
- 1944: Nada von Carmen Laforet
Diese beiden Romane teilen einen düsteren und existenziellen Ton, der im Kontrast zum Triumphalismus oder dem vermeintlichen Gesamterfolg der unmittelbaren Nachkriegszeit steht. Sie scheuen sich nicht, existenzielle Umgebungen der Frustration, des Scheiterns und der Gewalt darzustellen. Innerhalb dieses Trends begannen auch die erzählerischen Werke von Miguel Delibes, wie Der Schatten der Zypresse ist lang.
Der Sozialrealismus der 1950er Jahre
Die beginnende Entwicklung des Tourismus und der Industrie führte zu einer wirtschaftlichen Erholung und Veränderungen des Lebensstils. Gleichzeitig betrachtete eine neue Generation, die den Krieg als Kinder oder Jugendliche erlebt hatte, die Kriegs- und Nachkriegszeit aus einer anderen Perspektive. Ihre Einstellungen waren entscheidend für die Auseinandersetzung mit der Macht und der sozialen Spaltung zwischen Gewinnern und Verlierern. In der Literatur entstand eine Haltung der direkten Anklage, die die Zensur nur schwer unterdrücken konnte. Es wurden innovative Techniken angewendet:
- Kollektiver Protagonist: Die Handlung konzentriert sich auf eine Gruppe von Charakteren.
- Reduzierte Raum-Zeit: Die Handlung findet an einem einzigen Ort und innerhalb eines kurzen Zeitraums (wenige Tage oder Stunden) statt.
- Objektive Erzählweise: Charaktere werden nur durch ihre äußeren Verhaltensweisen dargestellt; der Autor tritt nicht als solcher in Erscheinung.
Für viele gilt La Colmena (1951) von Camilo José Cela als Präzedenzfall für den sozialen Roman. Der Autor schafft es gekonnt, keinen direkten Bezug zum Bürgerkrieg herzustellen, doch der Leser hat keinen Zweifel daran, dass die dargestellten Szenen ein Ergebnis davon sind. Weitere wichtige Werke sind:
- Ignacio Aldecoa: Das Licht und Blut
- Ana María Matute: Erster Bericht
- Carmen Martín Gaite: Zwischen
- Miguel Delibes: Der Weg, Tagebuch eines Jägers, Tagebuch eines Migranten
Der spanische Roman der 1960er und 1970er Jahre
In dieser Periode erfolgte eine Abkehr vom Sozialrealismus. Obwohl der sozial engagierte Roman in den 1970er Jahren nicht vollständig verschwand, wurde eine gewisse Erschöpfung dieses Trends und ein eindeutiger Hang zum Experimentieren erkennbar. Spanische Schriftsteller wurden von europäischen (Proust, Kafka, Joyce) und lateinamerikanischen Autoren (Vargas Llosa, Cortázar, García Márquez) beeinflusst, wodurch die Romane zunehmend komplexer und experimenteller wurden. Hervorzuheben sind folgende technische Neuerungen:
- Minimaler Handlungsgehalt: Die Handlung tritt in den Hintergrund.
- Auflösung von Satzzeichen oder Absätzen: Experimente mit der Form.
- Kontinuierliche Sprünge in der Erzählung: Rückwärts- oder Vorwärtssprünge.
- Wechsel der grammatischen Erzählperson: Beispiel: Fünf Stunden mit Mario.
- Innerer Monolog.
Ein Wendepunkt war der Roman Tiempo de silencio (1962) von Luis Martín-Santos. Weitere wichtige Werke sind:
- Gonzalo Torrente Ballester: La saga/fuga de J.B.
- Camilo José Cela: San Camilo 1936
- Juan Goytisolo: Zeichen der Identität
Ab Mitte der 1970er Jahre zeigte sich eine Warnung vor übermäßigem Experimentalismus und eine Abkehr vom bloßen literarischen Spiel. Es gab eine Rückkehr zum Interesse an der Geschichte, an Argument und Intrige, jedoch nicht im Sinne des typischen Realismus des 19. Jahrhunderts oder des Sozialrealismus. Der Beginn dieser neuen Wendung wird oft mit Die Wahrheit über den Fall Savolta (1975) von Eduardo Mendoza markiert.