Ursachen des Ersten Weltkriegs: Europa vor 1914
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Ursachen des Ersten Weltkriegs (1914-1918)
Europa erlebte eine lange Friedensperiode von 1871 bis 1914. Dieser Frieden beruhte jedoch auf einem schwachen Fundament, geprägt von internen Problemen der Länder und komplexen Bündnissystemen gegen potenzielle Feinde. Es galt das Motto: „Wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten.“
Die Situation verschärfte sich nach 1890, als Reichskanzler Bismarck von der politischen Bühne abtrat.
Die Lage in Europa vor 1914
Wirtschaftliche Spannungen
Die industrielle Revolution führte dazu, dass Maschinen große Mengen produzierten. Dies ermöglichte die Versorgung in- und ausländischer Märkte, führte aber auch zu wirtschaftlichen Konflikten zwischen den Nationen.
Die Ideologie des Wirtschaftsliberalismus erlaubte Unternehmen, weitgehend ohne staatliche Einmischung zu agieren. Dieser Liberalismus galt jedoch oft nicht für die Kolonien, wo die Regierungen eingriffen. Zunehmend wurden Grenzen geschlossen und Protektionismus eingeführt, um die eigene Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Insbesondere bestand eine starke wirtschaftliche Rivalität zwischen Großbritannien und Deutschland.
Politische Spannungen
Imperialismus als Konfliktursache
Der Imperialismus basierte auf der Annahme, dass die Stärke einer Nation von der Größe ihres Kolonialreichs abhing. Dies führte zu Konflikten um Kolonien, selbst wenn diese nicht immer wirtschaftlichen Reichtum brachten. Beispiele für koloniale Rivalitäten:
- Frankreich und Großbritannien um den Sudan (Faschoda-Krise)
- Deutschland und Frankreich um Marokko (Marokkokrisen)
Diese Konflikte fanden zwar primär in den Kolonien statt, hatten aber direkte Auswirkungen auf die Spannungen in Europa.
Nationalismus auf dem Balkan
Viele Balkanvölker standen weiterhin unter osmanischer (türkischer) Herrschaft oder gehörten zur Habsburgermonarchie Österreich-Ungarn. Ihre nationalen Bestrebungen nach Unabhängigkeit oder Vereinigung schufen ein Pulverfass.
Auf dem Balkan kollidierten zudem die Interessen:
- Österreich-Ungarns: Wollte die Region dominieren und einen sicheren Zugang zum Mittelmeer.
- Russlands: Verstand sich als Schutzmacht der slawischen Völker und strebte ebenfalls Kontrolle über die Meerengen zum Mittelmeer an.
Die Interessen der Großmächte standen oft im Widerspruch zu den Zielen der Balkanvölker.
Bündnisse und Wettrüsten
Um einen relativen Frieden aufrechtzuerhalten und potenziellen Feinden zu begegnen, wurden komplexe Bündnisse geschlossen, Geheimverträge unterzeichnet und Spionage betrieben. Dies schuf ein „Gleichgewicht des Schreckens“, doch Europa steuerte auf einen Punkt zu, an dem ein Krieg unvermeidlich schien.
Reichskanzler Bismarck fungierte bis zu seinem Rücktritt 1890 als eine Art Schiedsrichter in diesem System. Die zwischen 1871 und 1890 geschlossenen Bündnisse zur Kriegsvermeidung werden als „Bismarcks Bündnissysteme“ bezeichnet. Nach seinem Abgang zerfiel dieses System teilweise und neue, oft starre Bündnisblöcke (Triple Entente und Mittelmächte) bildeten sich, was die Flexibilität der Diplomatie einschränkte und das Risiko eines großen Krieges erhöhte.